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Kaltes Wetter und beständiger, ziemlich unangenehmer Nieselregen. Es gibt besseres Wetter, um in die richtige Stimmung für ein Konzert zu kommen. Andererseits, wenn man vor der Halle steht und weiß, es geht auf ein Ensemble aus durchweg genialen Musikern zu, die unter Federführung eines Mannes eine Liveshow des Projektes „Avantasia“ geben werden, kann man eigentlich nur guter Stimmung sein. Denn seit mehr als zehn Jahren, genauer seit 2001, steht „Avantasia“ und sein Schöpfer, Tobias Sammet, für eine Versammlung phantastischer Sänger und Musiker und epische Musikstücke. Und auch an diesem verregneten Freitagabend ist jedem klar: Es wird eine lange Nacht, vollgepackt mit Power Metal vom Feinsten aus den mittlerweile fünf Studioalben.

av02Angesichts des Wetters hat man in der Halle wohl ein Einsehen und die bereits zahlreich vor der Tür wartenden Fans dürfen eine halbe Stunde früher den Ort des Geschehens betreten. Wer die All Kart Halle nicht kennt, den wird erst einmal die schiere Größe erschlagen. Ein riesiger Raum, in dem sich vor der Bühne eine fünfzehn Meter lange Schlange so weit verteilt, dass ich nach gemütlich-spießigem Gang zur Garderobe und dem Erwerb eines Sandwiches immer noch bequem in die zweite Reihe vor laufen konnte. Und dort durfte ich die folgenden eineinhalb Stunden, bis es pünktlich um 21.30 Uhr losging, beobachten, wie sich diese riesige Halle tatsächlich nach und nach füllte.
Und dann endlich beginnt es: Das Licht erlischt, auf der Bühne gehen die Spots an, und die Klänge von „Also sprach Zarathustra“ wehen durch die Halle. Eine seltsame Einleitung für ein Metalkonzert, könnte man meinen, doch nicht wenn einen „Avantasia“ erwartet, dessen neuestes Album „The Mystery of Time“ sogar mit dem „Filmorchester Babelsberg“ zusammen aufgenommen wurde.
Dann ist es endlich soweit, die Musiker betreten die Bühne. Wie gewohnt sitzt an den Drums Felix Bohnke, Schlagzeuger von Edguy. Am Keyboard Michael Rodenberg, Andre Neygenfind am Bass. Die Gitarren werden von zwei schwereren Gewichten der Metal-Szene übernommen: Dem ehemaligen At Vance-Sänger Oliver Hartmann und Sascha Paeth, der unter anderem auch „Avantasia“ selbst produziert.

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Schon beim ersten Anschlag der Instrumente zum Opener „Spectres“ hört man: Hier wurde nichts dem Zufall überlassen. Die Abmischung ist perfekt, und weder zu Beginn, noch am Ende fallen irgendwelche groben Verspieler auf. Ein rundum gelungener Sound. Schließlich betritt auch der Meister selbst die Bühne, Tobi Sammet, der Komponist aller Alben. In gewohnt schrillem Outfit, diesmal mit einem Leo-Zylinder, betritt er von hinten die Bühne. Die ist stufenförmig aufgebaut, sodass die Musiker über eine Treppe auf den hinteren, höchsten Teil steigen können und plötzlich hinter Schlagzeuger Bohnke hoch oben im Rampenlicht stehen.
Die Menge tobt von der ersten Zeile Tobis bei „Spectres“ an. Dieses Lied singt er noch zusammen mit den Backgroundsängern Amanda Sommerville und dem Ex-Heavens Gate-Frontmann Thomas Rettke, welche im späteren Verlauf auch noch ganz vorne auf der Bühne stehen werden. Aber schon beim zweiten Lied, „Invoke the Machine“, kommt der erste Stargast zur Unterstützung: Ronnie Atkins von den Pretty Maids schmettert gemeinsam mit Tobi. Und jetzt gehts richtig los. Ich dachte, die Menge sei schon laut. Falsch. Es geht lauter. Die Begeisterung der Leute ist greifbar und selbst bei den lautesten und schnellsten Songs kann man die Massen singen hören.
Und es geht dann schlag auf Schlag. Zuerst Ex-Halloween Sänger Michael Kiske unter donnerndem Beifall bei „Reach out for the Light“, danach für „The Story ain’t over“ Bob Catley von Magnum. Als letzter Gastsänger wird einer präsentiert, der vor allem Fans des Hardrocks der späten Achtziger und Neunziger ein Begriff ist: Die Stimme von Mr. Big, Eric Martin.

av04Trotz all der Begeisterung fällt eine Sache jedoch vor allem von den ersten Reihen aus auf: Tobi Sammet sieht nicht sehr gut aus, bleich und mit tiefen Augenringen. Tiefer als für Musiker auf Tournee üblich, jedenfalls. Scheinbar haben ihn das neue Avantasia-Album und die Konzerte insgesamt doch mehr mitgenommen. Auch ein Sammet wird mal älter. Anmerken lässt er sich jedoch kaum etwas, gibt Vollgas, sobald er auf der Bühne ist. Allerdings wird „Twisted Mind“ von Martin und Atkins gesungen, obwohl eigentlich Tobi einen großen Part dabei hat und es bei der Tour 2010 sogar der Opener war.av05
Egal, es kann der Stimmung einfach keinen Abbruch tun. Es ist kein Einbruch in der Leistung irgendeiner der Musiker und Sänger zu merken, und auch, dass Oliver Hartmann bei einem seiner Gesangsparts mal etwas im Text wackelt, kann nichts mehr vermiesen. Ein paar Highlights der Show: „In Quest For“, bei welchem die ganze Menge aus vollem Halse singt, und „Dying For an Angel“, bei dem Meines Part vom Album von Martin übernommen wird. Letzteres Lied sollte zugleich das letzte des Abends sein. Wirklich? Niemals. Keine Avantasia Show ohne mindestens eine Zugabe. Und wir bekamen drei. Mit „The Seven Angels“, „Avantasia“ und „Sign of the Cross“, bei dem noch einmal alle Gastmusiker auf die Bühne kommen, puschen Sammet und sein Ensemble ein letztes Mal alle ans Limit. Im ganzen 24 Lieder sind es an diesem Abend geworden. Eine gigantische Show, die einen einsaugt wie in einen metallischen Traum. Und wenn es einen dann wieder ausspuckt steht man plötzlich da, das Licht ist wieder an, alle streben dem Ausgang und den Bars zu. Man schaut sich um und stellt fest, dass beinahe dreieinhalb Stunden nonstop Konzert vorbei sind.
Trotzdem wünscht man sich noch ein Lied. Und kann die nächste Tour kaum erwarten. Hoffentlich entscheidet sich Tobi auch nach „The Mystery of Time“ noch ein weiteres Mal, Avantasia fortzuführen.

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Text: Hammer Artikel

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2 Kommentare
  1. dizzy
    dizzy sagte:

    Schöner Bericht, kann nur zustimmen. War ein tolles Konzert.
    Eines der besten die ich je gesehen habe.

    Tobis Augenringe würde ich allerdings eher seiner starken Erkältung
    zuschreiben, denn am Tourstress kanns ja noch nicht gelegen haben
    bei Tourstart am 14.01. ;-))

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