Griechischer Bombast

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Descending-Frontmann Jon Simvonis

Vier Bands aus unterschiedlichen europäischen Ländern, wenn auch deutlich dominiert von den Griechen, machen sich bereits seit geraumer Zeit daran, in ganz Europa eine große schwarze Messe zu zelebrieren. Vergangene Woche erreichten sie auch München.

Pünktlich geht’s los mit Descending, einer noch jungen Formation aus HELLas, die mit New Death Celebrity Ende 2011 ihren ersten Silberling auf den Markt geworfen haben. Die fünf Jungs machen schnellen, trashigen Metal und ziehen eine Bühnenshow ab, die sich wirklich sehen lassen kann. Wie es aber immer so ist vor 22 Uhr in München sehen die nicht allzu viele, das Werk ist alles andere als gut gefüllt. Die Zuschauer, die schon da sind, bekommen ein extrem spielfreudiges Quintett zu sehen, das richtig abgeht und auch – zumindest für die weiblichen Zuschauer – optisch ein Leckerbissen ist. Nach einer halben Stunde ist das Set durch und der Augenschmaus vorbei. Ich jedenfalls besorgte mir umgehend die CD und habe beschlossen, Descending im Auge zu behalten – den letzten Halbsatz mag jetzt jeder auslegen, wie er will!

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Seregor (Carach Angren)

Nach kurzer Umbaupause betreten die drei Niederländer Seregor (Gitarre und Vox), Ardek (Keyboard) und Namtar (Drums) von Carach Angren stilecht in Corpsepaint die Bühne. Auf die drei hatte ich mich besonders gefreut, bin ich doch erst kürzlich über ihr grandioses Video „The Sighting Is A Portent Of Doom“ gestolpert. Sehr zu meiner Freude wurde dieser Song von der Band auch live zu meiner vollsten Zufriedenheit abgeliefert. Musikalisch drängt sich aufgrund der episch-orchestralen Kompositionen der Vergleich mit Dimmu Borgir geradezu auf – melodisch-düstere Geistergeschichten werden von der Band zum Besten gegeben, wie ihre bisherigen Veröffentlichungen zeigen. Die Lieder sind sehr komplex, aber eingängig. Mich überzeugte das Trio auch live sofort: Schnelle, rifflastige Passagen im Wechsel mit überwältigenden orchestralen Passagen, immer wieder gespenstische Keyboard-Geigen, die einem die Gänsehaut über den Rücken kriechen lassen – großartig! Daneben zeigen Stücke wie „Spectral Infantry Batallion“, „Haunting Echoes from the Seventeenth Century“ und „Bitte tötet mich“ die morbide Schönheit und Faszination der Niederländer für Gespenstergeschichten, bevor das Konzert mit dem wunderbaren „The Ghost Of Raynham Hall“ beendet wird. Seregor kreischt nicht nur in bester Schwarzmetall-Manier, sondern growlt, brüllt, spricht, flüstert und erzeugt so eine Atmosphäre, die ihresgleichen sucht. Ich bin vom niederländischen düsteren Musik-Barock ernsthaft angetan und freue mich schon auf die nächste Gelegenheit, das Trio vom „Eisernen Schlund“ wiederzusehen. Mein persönliches Highlight des Abends!

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Fleshgod Apocalypse

Fleshgod Apocalypse war, schaute man sich im Publikum an, definitiv der Grund für die meisten Besucher, sich an diesem Abend im Backstage blicken zu lassen. Das Werk wurde richtig voll, als die Italiener die Bühne enterten, um ihren technisch hervorragenden Symphonic Death Metal – ja, das geht; schwer zu glauben, ich weiß – abzuliefern. In Sachen Bombast standen die Römer jedenfalls den Griechen in nichts nach – aber wir wollen nicht vorgreifen. Das Publikum jedenfalls tobte zum ersten Mal an diesem Abend ausgelassen – waren Carach Angren für die meisten eher etwas fürs Auge, gab‘s jetzt ordentlich auf die Fresse, und zwar überwiegend vom letzten Album Agony. „The Hypocrisy“, „In Honour Of Reason“, „The Deceit“, „The Egoism“, alles, was das Quintett um Frontmann Tommaso Riccardi, die allesamt in blutigen, zerrissenen Abendanzügen auf der Bühne standen, zu bieten hatte, wurde abgefeiert. Pause? Fehlanzeige, bei dieser Prügelorgie wurde niemand verschont. Allerdings blieb mir größtenteils ein Rätsel, was der Pianist mit dem klangvollen Namen Francesco Ferrini mit seinem Instrument anstellte – es war meist nicht zu hören. Soviel also zum Thema „Symphonic“, ich meine, dieses Elemente wirkt auf Platte wohl besser. Wie dem auch sei, alles in allem legten Fleshgod Apocalypse einen wunderbaren Auftritt hin, das Publikum war angeheizt und mehr als bereit für den Headliner: Septic Flesh!

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Spiros „Seth“ Antoniou (Septic Flesh)

Denkste. Offenbar brauchte der ein oder andere eine etwas ausgedehntere Pause, denn als die Griechen nach und nach die Bühne betraten, waren weit weniger Leute anwesend als noch eine gute halbe Stunde zuvor. Und dieses Gefühl wurde ich den ganzen Auftritt über auch nicht los. Diejenigen, die einen Platz vor der Bühne ergattert hatten, feierten allerdings mit Septic Flesh eine schwarze Messe, perfekt inszeniert mit allem griechisch-unorthodoxen Pomp, den man sich vorstellen kann. Wie es bei den nicht unbedingt schnellen, aber extrem druckvollen Songs zu einem ziemlich heftigen Moshpit kommen konnte, ist mir, ehrlich gesagt, ein Rätsel. Die Setlist jedenfalls ließ kaum Wünsche offen: „The Vampire From Nazareth“ läutete das unheilige Schauspiel ein, über „A Great Mass Of Death“, „Virtues Of The Beast“, „Unbelievers“ und „Pyramid God“ kam man zu „Lovecraft’s Death“, um dann nach „Oceans of Grey“ und einem grandiosen „We, The Gods“ mit dem wirklich fantastischen „Persepolis“ den Abend zu beschließen. Als Zugabe gab’s einen meiner liebsten Songs, „Anubis“, und natürlich den „Five-Pointed Star“ zum Abschluss. Das Publikum ging fantastisch mit und unterstützte die Messe lautstark, sei es durch Rufen oder Klatschen, was auch immer Sänger und Bassist Spiros „Seth“ Antoniou von der Menge wollte, er bekam es. Höhepunkt des Konzerts war sicherlich das über zehnminütige Drumsolo von Fotis Benardo – Chapeau! Wirklich das Filetstück des Auftrittes schlechthin und ein Höhepunkt in einer makellosen Performance, die teilweise leider etwas lieblos wirkte; hier machte sich wohl doch bemerkbar, dass die Tour beinahe vor ihrem Ende stand und die Griechen schon die ein oder andere Show hinter sich gebracht hatten. Alles in allem blieben aber keine Wünsche offen, alles wurde standes- und genregemäß inszeniert, was hinterher den ein oder anderen zu Kommentaren wie „Schöne Instrumente – wäre klasse gewesen, wenn sie sie auch gespielt und nicht nur hoch gehalten hätten!“ verleitete. Ich stand weit genug vorne, um diese Aussage entkräften zu können, aber ja, es gab viel Gitarren-Geschwenke an diesem Abend.

Mein Fazit: Gelungener Abend mit für mich absolut überwältigenden Niederländern und starken Griechen!

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Bilder: The Doc

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