Gothrock’s not dead

 

concept-chaosSeit zwanzig Jahren gibt es die Waginger Dark-Rock-Urgesteine Lacrimas Profundere schon, und gerade haben sie ihr zehntes Album Antiadore veröffentlicht – zwei gute Gründe, die Münchner Fans in den Backstage Club zu einer Release-Show zu bitten. Freunde/Bekannte/Fans leisten der Aufforderung auch zahlreich Folge und bekommen einen sehr unterhaltsamen Abend im gut gefüllten Club geboten.

Mit im Gepäck sind zwei junge Münchner Bands, die der eine oder andere sicher schon kennt. Concept Chaos machen um kurz nach acht den Anfang. Die fünfköpfige Truppe um Sängerin Maike Werner – die auch unbestreitbarer Bühnenmittelpunkt ist – hat bereits zwei EPs und das Album Sedativa herausgebracht und spielt eine energiegeladene Mischung aus Rock, (Nu-)Metal und einer ordentlichen Prise Rotz ’n’ Roll. Nicht ganz leicht zu beschreiben – leider insgesamt auch wenig greifbar, mir erscheinen die Lieder alle etwas austauschbar, was aber durch die wirklich gute und druckvolle Show der Band wiedergutgemacht wird. Die Sängerin ist ein Energiebündel mit hüftlangen, knallrot gefärbten Dreadlocks, die wirklich keine Sekunde stillsteht und über ein beeindruckend kräftiges Organ verfügt. Mit Songs wie „Die For Celebration“, „Calling“, „Final Breakout“, „Asking For The Moon“ oder „Wrong Medication“ geben sie einen repräsentativen Querschnitt durch ihre bisherigen Veröffentlichungen und heizen den Anwesenden exzellent ein, auch wenn ihr Musikstil vielleicht nicht ganz perfekt zu den zwei nachfolgenden, etwas „schwärzer“ und gothrockiger orientierten Bands passt.

mundtotOhne lange Umbaupause geht es dann auch um etwa neun Uhr weiter mit den Münchnern Mundtot, die im April bereits auf dem zweiten Dark Munich Festival vor größerem Publikum aufgetreten sind und im Herbst mit ASP auf große Deutschlandtour gehen werden. Mir persönlich war die Band noch kein richtiger Begriff, und ich bin generell eher kein Fan von rockiger Musik mit deutschen Texten. Umso überraschender reißen mich Mundtot wirklich mit, die Songs kommen live um einiges druckvoller und düsterer rüber als auf Konserve. Die vier Musiker kombinieren punktgenaue Riffs mit (teils) Sprechgesang und atmosphärischen Synthie-Parts, nennen alte Helden wie Joy Division, aber auch moderne Einflüsse wie Placebo als Vorbilder und klingen erfreulich wenig nach anderen Vertretern der düster rockenden Bands mit deutschen Texten. „Kein Zurück“, „Lebensleid“, „Spätsommer“, „Virus Mensch“ oder „Das zweite Gesicht“ sind Highlights des knapp dreiviertelstündigen Sets, werden allerdings etwas verhaltener bejubelt als Concept Chaos. Mir gefällt der Auftritt und das souverän-coole Auftreten der Band, aus dem der mit einer schwarzen Schalenmaske vermummte Keyboarder etwas heraussticht, der am Bühnenrand manisch sein Instrument traktiert. Mundtot – live jederzeit wieder!

lacrimas-profundereSchließlich ist es um etwa zehn Uhr so weit – Lacrimas Profundere entern unter begeistertem Jubel die Bühne und legen auch gleich mit „Dead To Me“ vom gerade wenige Tage alten neuen Album Antiadore los, ein schöner, rifflastiger, aber trotzdem melodiöser Rocker, der Lust auf mehr macht. Schlag auf Schlag geht es weiter, Sänger Rob Vitacca führt souverän und enthusiastisch durch das Programm, die gesamte Band freut sich sichtlich über das Heimspiel und den frenetischen Beifall im Publikum. Vom ersten Moment ist die Stimmung hervorragend und wird bei alten Hits wie „My Velvet Little Darkness“, „Dear Amy“, dem als „Bayerngirl“ angekündigten „Amber Girl“ (das Champions-League-Finale liegt schließlich erst einen Tag zurück) „What I’m Not“ oder „Ave End“ immer noch besser. Was mir allerdings auffällt: Live klingt Rob Vitaccas Stimme lang nicht so transparent wie auf Tonträger – das hätte man sicher besser abmischen können. Aber letztendlich ist es egal, die Band gibt alles, Gitarrist Oliver Nikolas Schmid posiert wie ein Weltmeister am Bühnenrand, Rob springt wie aufgezogen herum, und zusammengehalten wird alles von der stoischen Ruhe von zweiter Gitarre und Schlagzeug.
Insgesamt zwei Zugaben gibt die Band, bis man sie um kurz vor halb zwölf dann endlich gehen lässt, um anschließend den Merchandise-Stand zu stürmen. Dort gibt es die von Rob Vitacca während des Konzerts stolz angekündigte erste Vinyl-Ausgabe eines LacrimasProfundere-Albums, die dann auch eifrig erworben wird.

Fazit: Schöner Münchner Abend im äußerst familiären Rahmen mit einer souveränen Hauptband, einer persönlichen Überraschung (Mundtot) und einem sehr stimmungsfördernden, wenn auch musikalisch etwas abweichenden Opener (Chaos Concept).

Setlist Lacrimas Profundere:

Dead to me
Be mine in Tears
We shouldn’t be here
Again it’s over
Antiadore
Her Occasion of Sin
My velvet little Darkness
The Letter
Dear Amy
My Mescaline
My Release in Pain
Amber Girl
What I’m not
I don’t care
Ave End
Abandon
A Pearl
A Sigh (?)

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