12. Türchen

 

Was wäre die Weihnachtszeit ohne Schnee, der in dicken weißen Flocken die Stadt bedeckt? Es wäre wohl nur halb so gemütlich, nach einem Winterspaziergang den Schnee von den Schultern zu klopfen und sich mit einer Tasse Tee ans Fenster zu setzen. Die kindliche Freude über den ersten Schnee bleibt vielen ihr Leben lang erhalten. Doch wie entsteht das weiße Flockengewirbel, und was hat es mit den so seltenen weißen Weihnachten auf sich?

 

Flockenpracht

snowflakeswilsonbentleyFür die Bildung von Niederschlag – egal ob fest oder flüssig – wird als erstes ein mikroskopisch kleines Teilchen benötigt, an das sich Wasser ansetzen kann. Nur in seltenen Fällen bildet sich ein Wassertröpfchen spontan ohne die Hilfe eines solchen „Kondensationskeims“ oder auch „Kondensationskerns“. Weit oben in der Atmosphäre gibt es flüssiges Wasser mit Temperaturen unter 0°C, sogenanntes „unterkühltes Wasser“, das bei Kontakt mit einem festen Körper augenblicklich gefriert. Trifft so ein unterkühltes Wassertröpfchen auf einen Kondensationskeim, ist die Grundlage für eine Schneeflocke geschaffen. Dieses kleine Eiskorn beginnt weitere Wassermoleküle einzufangen, bevorzugt bei Temperaturen unter -10°C. Je größer es wird, desto stärker verleibt es sich nicht nur Wasser ein, sondern auch andere kleine Eisteilchen. Abhängig von den vorherrschenden Temperaturen bilden sich dann beim Wachsen unterschiedliche Formen aus. Sie verbinden sich zufällig miteinander, sodass tatsächlich kein Kristall dem anderen gleicht. Bereits um 1900 gelang es Wilson Bentley, Schneekristalle durchs Mikroskop zu fotografieren, und unter über 5000 Bildern fand er keine zwei identischen Flocken.
Neben den „klassischen“ Schneekristallen gibt es eine Vielzahl an Größen und Formen, von flachen Plättchen bis hin zu nadelförmigen Säulen – manche sogar hohl. Eins haben sie aber alle gemeinsam: Sie sind perfekt symmetrisch und hexagonal (sechseckig), weil sich einzelne Wassermoleküle nur in Winkeln von 60° bzw. 120° anordnen. Damit unterscheidet sich Schnee von Hagel und Graupel, denn das Wasser gefriert nicht einfach, es wächst an.
Sammeln sich viele einzelne Schneekristalle in einer Wolke, stoßen sie zusammen und verhaken sich. So entstehen immer größere Flocken, bis sie schließlich zu schwer werden und ausfallen.
Ist es dann in tieferen Schichten kalt genug, damit die Flocke nicht schmilzt, überlebt sie den ganzen Weg nach unten und macht den zaghaften Anfang für eine winterweiße Schneedecke.

 

Weiße Weihnachten – nur ein Mythos?

„Früher lag an Weihnachten immer Schnee!“ – eine Aussage, die man oft hört. Schließlich sprechen ja auch viele Weihnachtslieder von weißen Weihnachten, und irgendwie gehört es doch dazu. Dem bösen Klimawandel wird gern die Schuld in die Schuhe geschoben. Aber wie oft ist Weihnachten statistisch gesehen eigentlich wirklich weiß? Der Schweizer Wetterdienst spricht von rund 40 % in den letzten 82 Jahren. Die MeteoGroup geht fürs Flachland sogar von nur 10 bis 30 % aus, also alle sieben bis zehn Jahre einmal. Je höher man wohnt, desto größer werden natürlich die Chancen.
Einer der Gründe für die chronisch grünen Weihnachten in unserer Gegend ist das Weihnachtstauwetter, denn nein, das ist nicht nur eine Binsenweisheit. Ähnliche Ereignisse gibt es über das ganze Jahr (Eisheilige, Schafskälte, Hundstage …) und im Fachjargon nennt man sie „Singularitäten“, also quasi Unregelmäßigkeiten in der vorherrschenden Wetterlage. Zustande kommen sie durch die unterschiedlich schnelle Erwärmung und Abkühlung von Land und Ozean. Auf dem Kontinent passieren Temperaturschwankungen viel schneller und stärker als im Meer, wodurch besonders in den Übergangsjahreszeiten große Unterschiede zwischen Land und Meer entstehen. Die Atmosphäre will solche Differenzen ausgleichen, um das Gleichgewicht zu erhalten. Deswegen schwappt im Dezember, wenn sich das Land gerade schön ausgekühlt hat und endlich winterlich wird, oft nochmal eine kräftige Portion warmer, feuchter Luft vom Atlantik zu uns, die alles zunichtemacht. Und oft passiert das relativ pünktlich zu Weihnachten.
Warum erzählen die Weihnachtslieder dann alle von weißen Weihnachten? Die meisten dieser Gedichte und Lieder stammen tatsächlich aus einer Zeit, in der es weltweit klimatologisch gesehen recht kalt war, genannt „Kleine Eiszeit“. Diese kalte Phase erstreckte sich vom späten Mittelalter bis etwa ins 19. Jahrhundert und ist eine natürliche Klimaschwankung, für die der Mensch ausnahmsweise nichts kann. Damals standen die Chancen auf weiße Weihnachten also tatsächlich besser.
Die Festtagslaune sollte man sich aber davon nicht vermiesen lassen, denn Weihnachten ist, wenn man trotzdem lacht – „Ho Ho Ho“ von eurer Weihnachts-Wetter-Ente!

Quellen:
Metroschweiz.ch
Wetter24.de
En.Wikipedia.org

Wer sonst außer enchi könnte uns derart wunderbar über ein Phänomen wie Schneeflocken aufklären? Vielen Dank!

 

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