Album: Cataphiles – Shadow self

Echt underground

Als Cataphiles werden die Explorer*innen bezeichnet, die verbotenerweise die verborgenen Gänge und Tunnel im unterirdischen Labyrinth von Paris durchstreifen. Nun stammt die Band zwar aus Bremen und hat sich 2020 zur Pandemiezeit gegründet, aber eine Vorliebe für das Dunkle und Verborgenene ist wohl dennoch nicht von Hand zu weisen. Der Name ihres zweiten Albums, Shadow Self, benennt das versteckte Ich in der menschlichen Psyche. Die Veröffentlichung ist eine Zusammenarbeit von Sabotage Records (LP) und Bat-Cave Productions (CD). Anja am Synthesizer teilt sich dabei den Gesang mit Gitarrist Mommers, und Bassist Heini und Drummer Jan ergänzen das Quartett. Nun ist es aber Zeit ins Dunkle hinabzusteigen.

Schon das Intro von “Human” macht mich neugierig, und dann setzt Death Rock à la Miguel And The Living Dead ein, woran mich vor allem die Art des Gesangs von Mommers erinnert. Doch mit Anja kommt auch eine Sängerin hinzu und gibt dem Ganzen eine spezielle Note. Mit viel Energie geht es bei “The industry” weiter, das ein tolles Zusammenspiel aus Bass, Gitarre und Schlagzeug offenbart. Da ist stillstehen kaum möglich. Der zweistimmige Gesang setzt dem Ganzen die Krone auf. “My wasted life” integriert zusätzlich eine Portion Gothic in den Death Rock, und Anjas Gesang wirkt fast schon übernatürlich wie von einer Banshee. Das extra tighte Drumming offenbart außerdem eine Neigung zum Punk Rock. Für “Pleasures” geht es noch eine Stufe tiefer in die Katakomben hinab, wo vor allem die Drums besonders augenfällig sind und für dramatische Stimmung sorgen. Die Eröffnung von “Dance alone” ist der Hammer, und dann katapultiert mich das Gitarrenspiel außerhalb von Raum und Zeit. Dazu die Stimme von Mommers, schwermütig und irgendwie leicht verzweifelt – ich muß dazu einfach tanzen, und zwar allein.
Und wo ginge das besser als im “Underground”, wo Gothic und Death Rock wieder eine perfekte Melange ergeben. Die zwei Stimmen harmonieren hervorragend im Wechselgesang. Im Anschluss geht bei “The privileged” die sprichwörtliche Post ab. Hier wird richtig gerockt, außerdem sind die Höhenflüge an der Gitarre besonders hervorzuheben. Bei “Nähe” wecken sowohl die musikalischen Stimmungen als auch der Gedanke wohlige Erinnerungen an Strange Boutique mit der Goth Grand Dame Monica Richards. Das kommt unerwartet, ist aber auch richtig toll. Das hätte durchaus der verdiente Abschluss des Albums sein können, doch stattdessen pusht “Reality is” den Energie-Level mit Goth Punk wieder nach oben. Erst mit “My mirror” kommen wir tatsächlich zum Ende, das noch einmal eine herrlich jaulende Gitarre bietet, während der getragene Gesang eine*n langsam runterkommen lässt.

Fazit: Es ist mir seltsam schwer gefallen diese Rezension zu schreiben, weil mich die Musik ganz einfach abgelenkt hat. Mich befällt sofort gute Laune, und ich befinde mich in einer Art Party-Mode. Schreiben gerät da schnell zur Nebensache. Es ist aber auch selten geworden richtig guten Death Rock zu hören, wie ihn Cataphiles auf Shadow Self zelebrieren. Natürlich lässt sich der Einfluss von Christian Death und The Cure nicht leugnen, da führt bei dieser Art Musik einfach kein Weg vorbei, und das ist nichts, wofür mensch sich schämen müsste. Aber durch die musikalische Bandbreite, die eben auch Gothic und Punk Rock mit einschließt, wirkt ihr Sound nicht nur eigenständig, sondern auch frisch und intensiv und nicht ewiggestrig. Real Goth isn’t dead. Er lebt nur abseits des Mainstream im Untergrund weiter, wo er hergekommen ist und hingehört. Fans von Bands wie Antiworld, Fangs On Fur, Horror Vacui oder Batboner sollten unbedingt zuschlagen.

Anspieltipps: Dance alone, Nähe, My mirror

Cataphiles: Shadow Self
Sabotage Records / Bat-Cave Productions, Vö. 14.03.2025
MP3 gegen Spende, Tape 7,00 €, CD 13,00 €, LP 18,00 € erhältlich über Bandcamp

Links:
https://www.instagram.com/cataphilespunx/
https://cataphiles.bandcamp.com/
https://sabotagerecords-shop.net/
https://www.batcaveproductions.pl/

Tracklist:
01 Human
02 The industry
03 My wasted life
04 Pleasures
05 Dance alone
06 Underground
07 The privileged
08 Nähe
09 Reality is
10 My mirror