traurig sein und trotzdem tanzen

HC-Baxtwer-4.Album_Aus Eurodance-Motiven, Kirmes-Techno und linkspolitischen Themen kreiert HC Baxxter sein eigenes Genre, den Rave Punk, Flashbacks sowohl in die 80er als auch 90er inklusive. Das macht einfach gute Laune und hat mich schon zuvor begeistert (Link zum 2. Album). Nach den erschreckend schlechten Nachrichten der letzten Zeit hatte ich gute Laune dringend nötig und bin dann auf das neue 4. Album von HC Baxxter gestoßen, das bereits im April erschienen ist. Also rein ins Vergnügen!

Doch der erste Song „Hardzekk“ beginnt nicht mit Bassgewummer, sondern ganz sanft mit Vogelgezwitscher und einer sehr melancholischen Stimmung. HC Baxxter klingt ungewohnt verzweifelt, „doch es gibt immer noch die Wut.“ Und die tritt bei „Niemand hat die Absicht eine Festung zu errichten“ ungeschminkt zu Tage, das die fehlgeleitete Flüchtlingspolitik anprangert. Der Beat gibt die Richtung vor, der der wütende Sprechgesang rhythmisch folgt. Das folgende „En woke“ fällt musikalisch etwas gemäßigt aus, wertet aber die bessere Sichtbarkeit queerer Themen in der Gesellschaft als positiv. Trotzdem ist es wichtig da am Ball zu bleiben, denn selbstverständlich sind sie leider noch lange nicht. Mit „Akkotto“ gibt es ein Cover von GTUK (Gemüse Tee Und Kräuter), das perfekt in den eigenen Sound transportiert wird. Macht es wirklich glücklich, sich den gesellschaftlichen Normen zu unterwerfen? Das kann jede*r mal hinterfragen.
Mit „Vom Zweifeln und Strugglen“ gibt es eine Art Break, denn es fällt sehr nachdenklich und voller (Selbst-) Zweifel aus. So eine greifbare Schwermut ist schon ungewöhnlich, vor allem im Kontrast zur Musikrichtung Rave Punk. Wenn die Depression zuschlägt, ist es umso wichtiger zu wissen, dass mensch „Nicht allein“ ist, um aus dem dunklen Loch wieder rauszukommen. Ein wichtiges Thema, das selten so offen angesprochen wird. „Alles nicht umsonst“ beinhaltet Unterstützung von dem Berliner Duo Alle werden fallen. Anabel Möbius steuert dabei den Gesang für den Refrain bei und Nicolai Gonther die Rap-Parts. Glockenspiel-Klänge eröffnen „Cis-Boys don’t cry“, das wieder gut nach vorne geht. Ruhigere Zwischenparts strukturieren das Stück und bieten damit Gelegenheit, die angesprochenen Emotionen auch auszuleben. Schade nur, dass The Cure nicht wenigstens einmal kurz angespielt wird, aber vielleicht ist das rechtlich auch schwierig. Zum Abschluss geht es zu „Shoutout“ noch einmal kompromisslos auf die Tanzfläche.

Fazit: HC Baxxter bleibt dem politischen Rave Punk treu, und auch das 4. Album ist tanzbar und spaßig. Etwas überraschend sind für mich die teils sehr persönlichen Texte, in denen sich trotzdem viele ebenso wie ich selbst wiedererkennen werden. Die gab es zwar vorher auch schon, doch hier wird noch eine Schippe draufgelegt. HC Baxxter zeigt sich sehr nachdenklich und zweifelnd. Ist das etwa eine Midlife-Crisis? Wenn die Schwermut sich einschleicht, sind es der Musik zum Trotz eben keine beinharten Party-Tracks mehr. Aber auch Punker*innen dürfen einmal traurig sein und trotzdem tanzen.

Anspieltipps: Hardzekk, Niemand hat die Absicht eine Festung zu errichten, Akkotto (GTUK Cover)

:mosch: :mosch: :mosch: :mosch: :mosch:

HC Baxxter: 4. Album
Self-Release, Vö. 24.05.2024
MP3 gegen Spende über Bandcamp

https://www.hcbaxxter.org/
https://www.facebook.com/hcbaxxter
https://www.instagram.com/hcbaxxter/

Tracklist:
01 Hardzekk
02 Niemand hat die Absicht eine Festung zu errichten
03 En woke
04 Akkotto (GTUK Cover)
05 Vom Zweifeln und Strugglen
06 Nicht allein
07 Alles nicht umsonst (Feat. Alle werden fallen)
08 Cis-Boys don’t cry
09 Shoutout

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