Take control before I do

MD156_Living-Temples_GLASS-COVERAchtung, Verwechslungsgefahr. Es geht hier nicht um die schamanische Band Living Temples aus Klaipėda in Litauen, sondern um das Musikprojekt Living Temples des Schweden Kalle Fagerberg, manchen auch bekannt von Bootblacks, Liste Noire und The Blank VRS. Ursprünglich stammt er aus Stockholm, lebt mittlerweile aber in Berlin, dem Mekka der elektronischen Underground-Musikszene. Denn Kalleberg arbeitet unter anderem mit alten japanischen Synthesizern. Schon sein Debüt Against the day hatte mir gut gefallen, und mit Glass ist sein zweites Album bei Manic Depression Records erschienen.

Gleich zu Beginn verbreitet „Aldebaran“ eine ähnliche Stimmung wie „Walking on both sides“ von Pink Turns Blue, ist dabei aber ein völlig eigenständiger Song, der noch dazu kleine Minimal-elektronische Spielereien beinhaltet. Dieses Gothic-Feeling setzt sich auch in „Grynande dag“ fort, das hier mit treibenden Synthwave und sphärischen Keybards kombiniert ist. In „Lamb among wolves“ ändert sich die Stimmung ein wenig, denn es geht mehr in Richtung Synthie-Pop, wie eine Mischung aus Wolfsheim und Solarfake. Doch mit dem folgenden „To keep living through someone“ geht es wieder in dunklere Gefilde, das Post Punk Marke The Exploding Boy mit Gothic kombiniert, und auch „Wrest“ ist ähnlich angelegt.
Dark Electro, Synthwave und auch ein unterschwelliger Giorgio Moroder Einfluss kommen in „Cloud my senses“ zusammen, was den Track für den Club-Einsatz prädestiniert. Mit einer prägnanten Synthie-Melodie startet „Marmorvingar“, zu der das Bassspiel dann einen schönen Gegenpol setzt und verhindert, dass es zu fröhlich klingt. Natürlich bleibt auch die Stimme im dunklen Spektrum. Zum Abschluss wird es mit dem treibenden „Take control“ noch einmal richtig tanzbar, das quasi alle Nuancen des Albums miteinander vereint und daher an dieser Stelle gut platziert ist. Mit „Take control before I do“ schickt er noch eine letzte Mahnung an die Hörerschaft.

Fazit: Da schlägt mein Gothic-Herz höher! Denn vom Songwriting her erinnert mich vieles an Gothic Rock, auch der etwas dunkle Gesang. Nur setzt Kalle Fagerberg diesen mit Living Temples auf Glass auf elektronische Art und Weise um, und das sehr gekonnt. Zwischen Love Like Blood und Clan Of Xymox lässt sich Glass in etwa einordnen und vereint dabei auch Elemente aus Minimal, Synthwave und Post Punk. Das Album ist also abwechslungsreich, aber gleichzeitig in sich stimmig und homogen. Mir erscheint es, dass mit Glass nun der Sound gefunden wurde, da das (alles andere als schlechte) Vorgängeralbum Against the day im Vergleich dazu auf mich ein wenig wie in der Orientierungsphase wirkt. Aber wer weiß, wo die Reise noch hingehen wird.

Anspieltipps: Aldebaran, Lamb among wolves, Cloud my senses

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Living Temples: Glass
Manic Depression Records, Vö. 31.03.2024
MP3 7,00 €, CD 13,00 €, erhältlich über Bandcamp

Links:
https://www.livingtemples.net
https://livingtemples.bandcamp.com
https://www.manicdepression.fr/en/

Tracklist:
01 Aldebaran
02 Grynande dag
03 Lamb among wolves
04 To keep living through someone
05 Wrest
06 Cloud my senses
07 Marmorvingar
08 Take control

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