Mescal Militia
Ich habe ja ein kleines Faible für Bands aus etwas exotischeren Ländern außerhalb von Europa. Und nach meinem Mexiko-Trip im November kommen Phantom aus Guadalajara da gerade recht. Die junge Band hat sich erst 2021 gegründet und nach einigen EPs zwei Jahre später ihr Debüt Handed to execution herausgebracht, und nun steht mit Tyrants of wrath schon der Nachfolger bei High Roller Records am Start. Die Mitglieder sind Sänger und Gitarrist J.C. Necrohex, Gitarrist Harel Mortem, Bassist Raír Tavizón und Drummer J.P. Altorre. Leider ist der Gesang nicht auf Spanisch, aber dennoch bin ich sehr gespannt, schließlich ist Mexiko für seine große subkulturelle Szene bekannt.
“Poltergeist” ist ein langes Intro, das mit Kirchenorgeln überrascht und titelgerecht tatsächlich eine geisterhafte Atmosphäre schafft. Doch dann räumt der Speed-Thrasher “The tower of Seth” alles ab, aggressiv und bissig werden die Lyrics rausgebellt. Der Song versetzt mich zurück in die Zeit von Kill ‘em all, dem Erstlingswerk von Metallica, nur heißt es hier natürlich Mescal Militia. Und natürlich darf auch der obligatorische Höhenflug der Gitarre nicht fehlen. Dieses Setting setzt sich auch bei “Violent invasion” fort, bei dem erbarmungslos auf die Drums eingeknüppelt wird. Zur Mitte hin wird das Stück durch einen Break neu strukturiert. Der Beginn von “Thunderbeast” erscheint mir aus “Thunderstruck” von AC/DC entlehnt, doch das war es dann schon mit den Gemeinsamkeiten. Phantom gehen wesentlich metallischer zu Werke. Dabei wird der klassische Heavy Metal deutlich beschleunigt, und auch vor längeren Instrumentalparts schrecken sie nicht zurück. Mit “Nimbus” wird aber etwas Tempo herausgenommen und stattdessen ein gotisches Element hinzugefügt. Das ist vergleichbar mit Unto Others, die stellenweise ähnlich agieren. Im Anschluss fügt sich das gefühlvolle Intro von “Dance of the spiders” gut an und sorgt für einen ruhigen Moment, geht dann aber in den Venom-Modus über, beinhaltet aber auch eine schöne Groove-Sektion.
Mit groovig lässt sich auch der Titeltrack “Tyrants of wrath” beschreiben, der mit feinem Old School Thrash Metal à la Evil Invaders aufwartet. Dabei wird ordentlich aufs Tempo gedrückt. Eine Überraschung liefert zudem eine Damenstimme, die ein Gedicht rezitiert. Für “Lost in the dands” wird die Stimme richtig cool krächzig, und auch die Group Shouts werden perfekt eingesetzt. Insgesamt empfinde ich das Stück als etwas monoton, was vielleicht an dem stringenten Rhythmus liegt. Mit “Nocturnal opus 666” folgt eine schöne, an die Stummfilmzeit erinnernde Klaviersonate, die mich sehr überrascht. Damit hätte ich wirklich nicht gerechnet, zeigt aber Phantom von einer anderen, gefühlvollen Seite. Bei “Nazghul” lassen sich die schwarzen Reiter zunächst Zeit und zelebrieren die bedrohliche Atmosphäre, doch dann nimmt ihr Ritt Tempo auf, und das Unheil nimmt seinen Lauf. Den Abschluss leiten bei “Dark wings of death” schwere Riffs ein, und schließlich wird noch einmal kräftig losgebolzt und die Speed-Keule ausgepackt. Damit hätte alles gut sein können, doch nimmt der Song noch einmal eine unerwartete Wendung, als stemmte er sich gegen das Ende des Albums. Phantom zelebrieren selbiges wie das ausufernde Finale einer schweißtreibenden Live-Show.
Fazit: Phantom erweisen sich als sehr spielfreudig, da ist ordentlich Dampf auf dem Old-School-Kessel von Tyrants of wrath, der aus Speed und Thrash Metal ein heißes Süppchen kocht. Außerdem scheuen sie keine Experimente mit weiteren unerwarteten Zutaten, sodass der Spaß und Enthusiasmus an den Aufnahmen jederzeit zu spüren ist. Doch diese Spielfreude führt leider auch dazu, dass Tyrants of wrath auf mich stellenweise etwas überambitioniert wirkt. Manchmal wünschte ich mir, Phantom würden schneller zum Punkt kommen und die ausufernden Instrumentalpassagen etwas einkürzen. Dann wären die Songs noch knackiger. Trotzdem ist das eine heiße Scheibe, und Fans von klassischem Speed und Thrash Metal wie Razor und Dark Angel sind hier goldrichtig.
Anspieltipps: The tower of Seth, Dance of the spiders, Nimbus

Phantom: Tyrants of wrath
High Roller Records, Vö. 24.04.2025
MP3 10,00 $ erhältlich über Bandcamp
CD 13,99 €, LP ab 19,99 € erhältlich über High Roller Records
Links:
https://www.facebook.com/phantommetalband/
https://www.instagram.com/phantom__speed/
https://phantombandgdl.bandcamp.com/album/tyrants-of-wrath
https://www.hrrecords.de/
Tracklist:
01 Poltergeist
02 The tower of Seth
03 Violent invasion
04 Thunderbeast
05 Nimbus
06 Dance of the spiders
07 Tyrants of wrath
08 Lost in the sands
09 Nocturnal opus 666
10 Nazghul
11 Dark wings of death
(705)
