Balsam für die traurige Seele

Sjöblom-Dead-of-nightSJÖBLOM aus Stockholm wurde 2016 als Soloprojekt von Johan Sjöblom Eliott gegründet, der außerdem Mitglied der Post Punk Band The Exploding Boy ist. Dafür hat er zusätzlich Robert Eklind ins Boot geholt, der vorher bei Malaise aktiv gewesen ist. Nach dem ersten Album 6 (Link zur Review) sind einige Singles und EPs erschienen. Das neue Album Dead of night wurde zeitgleich mit The Cures Songs of a lost world veröffentlicht, und ob nun Zufall oder nicht. Der Name The Exploding Boy wurde von einem ihrer Songs übernommen, ein gewisser Einfluss ist hier also durchaus vorhanden. Aber warten wir es ab.

Etwas gemächlicher werden wir mit „Dead for years“ an das Album herangeführt. Der Song ist rhythmusbetont, und die spezielle Stimme von Johan zieht eine*n sofort in den Bann. Im Anschluss deutet der verstärkte Einsatz des Synthesizers bei „Turn my head“ in die Achtziger, eine Spur Duran Duran oder Erasure, und der Refrain bietet echte Ohrwurmqualitäten. Fast schon automatisch wollen meine Füße tanzen. Dann schlägt die Melancholie mit „Fly away with me“ voll zu. Der Songs ist traurig und eingängig zugleich, und eine Portion Brit Pop schwingt hier unterschwellig mit. Mit dem Beginn von „Tomorrow“ wird es eine Spur tanzbarer. Ein Hauch von „Papillon“ von The Editors scheint hier durchzuschimmern, der sich aber mit Johans Gesang spätestens beim Refrain auflöst. Die Melodieführung ist auch wieder sehr gelungen. Bei der Textzeile „You gave and you gave and you gave and you gave“ habe ich sofort „Again and again and again and again and again“ aus The Cures „A forest“ im Ohr.
Der Titeltrack „The dead of night“ liefert schließlich einen kleinen Break, der spürbar ist, obwohl die traurige Grundstimmung sich nicht ändert. Vielleicht liegt es an der Percussion, die hier mehr im Vordergrund steht. Zu Beginn von „A little less blue“ erwarte ich fast einen Gothic Rock Song. In der Tat wird es etwas rockiger, aber ohne Grabesstimme, die ohnehin nicht zu Johan passen würde. In Verbindung mit Nebel auf der Tanzfläche kann ich mir den Track richtig gut vorstellen. „It’s a lie“ folgt als Feststellung, die wird mit einer gewissen Dramatik inszeniert, die durch die prägnanten Drums in Szene gesetzt wird. Das folgende „The light I need“ ist einfach nur wunderschön, und bereits beim zweiten Refrain ertappe ich mich beim Mitsingen. Das ist ein Song, um alles herum zu vergessen, und der die Stimmung von „Everyday is like Sunday“ von Morrissey aufgreift. Der Titel von „Weirdo“ ist wirklich passend, denn den hätte ich so mal gar nicht erwartet. Einflüsse von Country bzw. Americana machen sich breit. So ungewöhnlich das auch ist, so gelungen ist es auch. Warum auch nicht einmal etwas Neues wagen und die Bandbreite erweitern. Da passt auch „Great times ahead“ ins Bild, das den Abschluss bildet. Denn die Melodie im Hintergrund erinnert mich an „Everybody hurts“ von R.E.M., und auf ähnliche Weise nimmt mich der Song gefangen. Johan findet jedoch seine persönliche Gesangslinie, während die Instrumentierung die Stimmung trägt und insgesamt tatsächlich der von The Cures Songs of a lost world ähnelt. Hier schließt sich gewissermaßen der Kreis. Ein schöner Ausklang.

Fazit: Johan und Robert setzen ihre musikalische Reise mit SJÖBLOM fort und erforschen auf Dead of night neues Terrain. Der eher post-punkige Sound auf 6 hat sich zu einer Art Electro Wave Pop weiterentwickelt. Dabei setzen sie jedoch nicht auf stupide Beats, wie das heutzutage leider meistens der Fall ist. Stattdessen gehen sie feinfühlig vor, scheuen Experimente wie mit „Weirdo“ nicht und präsentieren ein grandioses Songwriting. Johans Gespür für eingängige Melodien ist einfach unschlagbar. Aber Dead of night ist dabei kein happy Album, denn die Schwermut aus dem Post Punk ist stets vorhanden.
Das einzige, das ich SJÖBLOM vorwerfen kann, ist, dass Dead of night so verdammt perfekt ist. Nicht nur, dass die Songs toll sind, das Album ist auch glasklar produziert. Dabei würde ich mir manchmal etwas Punkrock-Vibe, etwas weniger „clean“ wünschen. Und dann wieder auch nicht, wenn ich mich hinsetze, die Augen schließe und einfach nur die Melancholie genieße. Balsam für die traurige Seele.

Anspieltipps: Fly away with me, Tomorrow, The light I need

:mosch: :mosch: :mosch: :mosch: :mosch:

SJÖBLOM: Dead of night
Cop International, Vö. 01.11.2024
MP3 10,00 $, CD 15,00 €, LP 25,00 $ erhältlich über Bandcamp

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Tracklist:
01 Dead for years
02 Turn my head
03 Fly away with me
04 Tomorrow
05 The dead of night
06 A little less blue
07 It’s a lie
08 The light I need
09 Weirdo
10 Great times ahead

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