If you’re going to San Francisco …

Familie

Stefan Moses hat Typen gesehen und fotografiert, wie sie damals in München ganz außergewöhnlich waren: Hippies hat man sie genannt! 2018 wird der große deutsche Fotokünstler Stefan Moses 90 Jahre alt, und der Anfang der „Zeitenwende“, 1968, jährt sich zum fünfzigsten Mal. Zu diesen Anlässen zeigt das Literaturhaus München berühmte, aber auch bislang ungesehene Bilder von Stefan Moses aus seiner Zeit in München. Hier sieht man gleich: Menschen sind sein Thema. „Kollektive Gedächtnisbilder“ nennt er seine bekannten Langzeitreihen mit Menschen, die Zeitgeschichte schrieben wie Politiker, Schriftsteller, Künstler. Aber den größten Raum nehmen die Fotos von Menschen ein, die nicht in der Öffentlichkeit standen: Ganz normale Leute um 1968, dem Jahr des Umbruchs im bislang recht spießigen Deutschland. Man sieht an den Bildern der meist jungen Leute, dass man sich damals neu eingerichtet hat, neu arrangiert, sei es in alternativen Wohnformen wie Wohngemeinschaften, die es bislang noch nicht so gab, oder in Kunsthappenings oder alternativen Bewegungen.

Laut Moses gibt es nicht den einen entscheidenden Moment beim Fotografieren. Deshalb hat er oftmals kleine Serien gemacht. Viele seiner Bilder entstanden in privaten Räumen, viele Erstveröffentlichungen finden sich unter den Exponaten. Seine „Blumenkinder“ zum Beispiel fotografierte er vor einem grauen Tuch. Er lässt sie sich selbst inszenieren, so wie sie sich sehen oder gesehen werden wollen.

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Da stehen sich zwei junge Leute gegenüber, lachen, fassen sich an, küssen sich. Wer sie sind, weiß man nicht, „Blumenkinder“ eben.

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Man sieht ganze Familien dicht beieinander, durcheinanderpurzeln, nackte Kinder spielen.

Quartett

Afro-Frisuren, Batik-Hemden, Cordhosen mit Schlag, Peace-Zeichen, Joints, gute Laune, Geilheit und Intimität, aber auch Frauen und Männer gleichgestellt in ihrem Umgang miteinander. Für den jetzigen Betrachter ist eigentlich nur die Mode ein richtiger Hingucker.

 

Im Prinzip sind die Bilder aber ein Statement, ein Durchbruch von Konventionen. Die “68er“ haben viel bewirkt im piefigen Deutschland. Vor 50 Jahren waren solche Bilder eine Sensation. Gottseidank haben sich die Zeiten geändert.

 

Das alles wird in einem schön geradlinig gestalteten Ausstellungsraum dargestellt.

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Hübsch angebrachte großformatige Bilder mit einigen Erklärungen, ein kleines Filmchen in Dauerschleife, der den Zeitgeist ein wenig rüberbringt wie Woodstock Festival Bilder.

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Ein 90-Minüter, für jene, die die Zeit dazu mitbringen, rundet den Besuch ab. Hier werden konkret einige Wegbegleiter befragt, Wohnbeispiele und Lebensformen zu der Zeit gezeigt. Alles in allem eine schöne kleine Ausstellung. Ein Kaffee im „Oskar Maria“ nebenan rundet den Nachmittag perfekt ab.

„Blumenkinder“

Literaturhaus München
Ausstellung vom 20.12.2017 bis 25.02.2018
Eintritt 5,- Euro, ermäßigt 3,- Euro

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