Vom Mann, der die Strichmännchen malte

 

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Es war einmal ein kleiner Junge, sein Name war Keith. Der kleine Keith zeichnete schon als Dreijähriger seine eigenen Comics anstatt Malbücher auszufüllen. Er und sein Schulfreund wussten schon mit zehn Jahren alles über Picasso und sein Werk. Nach der Schule wurde ihm Kutztown zu klein, und er ging nach Pittsburgh. Aber als er dann nach New York zog, war seine Mum todtraurig. New York, so groß und so weit weg! Für Keith aber war New York eine Offenbarung. Überall war Kunst, auf Mauern und auf U-Bahn-Waggons! Anfangs wohnte er in Zimmern, die so groß wie ein Schlafsack waren. Keith war bald im Mittelpunkt der jungen Künstlerszene, alle liebten ihn, diejenigen, die er kennenlernen wollte, lernte er kennen. Wie Andy Warhol damals, obwohl er zuerst zu feige war ihn anzusprechen. Er war mit Madonna befreundet, bevor sie ein Star wurde, und bemalte Grace Jones Körper. In New York hatte Keith sein Coming Out.

In den Clubs war er im siebten Himmel. Doch irgendwann wollte er auch eine Liebe für sich ganz allein, und als er sich in jemanden verliebte, setzte er sich zwei Tage ganz ruhig in sein Zimmer – er, der doch sonst Tag und Nacht die B-52’s und dergleichen hörte, und wartete auf den einen Anruf – der auch kam. Zu Hause wurde seine Homosexualität nicht thematisiert. Aber wenn er einen Freund öfters mitbrachte, bekam dieser von Keiths Mum einen Schal zu Weihnachten gestrickt.

Keith wurde erfolgreich, er hatte Ausstellungen in vielen Ländern und großen Städten. Als er die Diagnose HIV bekam, bat er seinen Freund aus Kindertagen, es seiner Familie mitzuteilen. Ab da hatte er noch zwei Jahre Zeit, die er wie ein Rasender mit Arbeit füllte.

Nach seinem Tod wurde er verbrannt, und in einer kleinen Zeremonie haben Familie und Freunde seine Asche verstreut. Yoko Ono, die nach eigenen Aussagen Stimmen hört, hat eine Handvoll Keith sogar mit nach Paris mitgenommen.
Keith Haring (geboren am 4. Mai 1958, gestorben am 16. Februar 1990) wurde nur 31 Jahre alt.

 

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4Der Kunsthalle ist eine wundervolle Zusammenstellung von Keith Harings Kunstwerken aus allen Stilrichtungen gelungen. Sein Werk besteht ja nicht nur aus den Strichmännchen, die in aller Welt bekannt sind. Er übermalte mit Kreide schwarz überklebte Werbeplakate in den New Yorker U-Bahn-Stationen, ab und an wurde er auch dafür verhaftet. Er bemalte weltweit Mauern, in Berlin, Tokyo, Brasilien. Er war politisch engagiert, setzte sich gegen Reagan ein, gegen den Kapitalismus, gegen Ausbeutung und Diskriminierung, für nukleare Abrüstung, Umweltschutz und die Gleichberechtigung des Menschen unabhängig von Herkunft, Hautfarbe, Religion oder Sexualität. Nachdem er seine Vorliebe für Männer entdeckte, war seine Kunst eben voller Penisse.

 

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kh7Die Ausstellung wird komplettiert durch ein paar Doku-Wände am Ein- und Ausgang , außerdem durch einen interessanten Zeitstrang weltweit wichtiger Ereignisse, die parallel zu Keith Harings kurzem Leben passiert sind. Gegen Ende kommt ein Raum, in dem ein Film gezeigt wird. Diesen sollten die Besucher der Ausstellung unbedingt ansehen. Alles, was man zuvor vielleicht nur betrachtet aber nicht begriffen hat, bekommt hier im Nachhinein eine Bedeutung. Man ist gerührt, wenn man sieht, wie Freunde und Wegbegleiter viele Jahre nach seinem Tod noch Tränen in die Augen bekommen und die Stimme versagt, wenn sie vom Tag der Beerdigung sprechen und davon, wie sie die Asche in den Wind rieseln ließen.
Der Künstler gründete ein Jahr vor seinem Tod die Keith Haring Foundation, deren Ziele sind, unterprivilegierten Kindern Ausbildungschancen zu bieten und ein vorurteilsfreies Bewusstsein gegenüber HIV und Aids zu schaffen.

 

Die Ausstellung ist täglich geöffnet von 10 bis 20 Uhr, sie dauert noch bis 30. August 2015.

 

 

 

Keith Haring

Kunsthalle

Alle Bilder aus der Kunsthalle:
Keith in Action
Ohne Titel, 1982
Hund, 1986
The Great White Way, 1988
Ohne Titel, 1988
Ohne Titel (Brennender Schädel), 1987
Ohne Titel, 1988 (Geschenke für gute Freunde anlässlich Weihnachten 1988)
Keith in Action

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