Schluss Licht ist das Solo-Projekt von Gregor Heisterkamp, das er 2019 ins Leben gerufen hat. Nach der Debütsingle „Im Grau“ hat der in Leipzig lebende Künstler Ende 2020 seine Debüt-EP Spät dran über das Stockholmer Independent-Label åtåmåtån veröffentlicht – sechs fesselnde Songs mit introspektiven Texten und einem facettenreichen Elektro-Sound. Kürzlich habe ich Schluss Licht auf dem Losing Touch Festival in Augsburg erlebt und war begeistert! Gregor beschreibt den Klang seiner Musik als „elektronisch, aber nicht kalt, unversöhnlich-hoffnungsvoll, nach dem Gefühl zu fallen und sich gleichzeitig aufzurichten.“ Neues Material ist bereits in Planung – wir freuen uns darauf!

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Foto 1 (links): © Dean Wallflower

Wer verbirgt sich hinter Schluss Licht? Wie ist dein Projekt entstanden?
Schluss Licht ist ein Soloprojekt. Entstanden ist es 2019 aus dem weiter gefassten Vorhaben, Musik etwas ernsthafter und weniger als Hobby zu machen. Ich hatte vorher auch Bands, aber das war immer mehr nebenbei. Es war mir von Anfang an nicht besonders wichtig, ein bestimmtes Genre zu bedienen, sondern die Idee ist eher, die kreativen Möglichkeiten zu nutzen, die ich als Solokünstler habe und mit jedem Song oder Album sozusagen von vorne anzufangen. Ich habe dann am Anfang viel im Proberaum experimentiert und die Ideen ausgearbeitet, die mir am besten gefallen haben. Die Pandemie hat mich dann schnell gezwungen, das Projekt erstmal weniger ambitioniert anzugehen, aber so langsam geht die ja in eine Art Normalzustand über.

Wie bist du auf deinen Band-Namen gekommen, und was bedeutet er für dich?
Den Namen gibt es vor allem, weil jedes Projekt einen braucht. Er kam mir griffig vor und irgendwie dachte ich, so ein bisschen „late to the party“ bin ich mit einem Synth-Projekt 2019 ja schon, deshalb hatte es für mich eine selbstironische Seite.

Beschreibe deinen Sound mal außerhalb aller Genre-Schubladen. Wie klingt deine Musik?
Schluss Licht klingt elektronisch, aber nicht kalt, unversöhnlich-hoffnungsvoll, für mich nach dem Gefühl zu fallen und mich gleichzeitig aufzurichten. Wenn ich es selbst hören würde, würde ich es im Bett liegend mit Kopfhörern tun.

Was sind deine ersten musikalischen Erinnerungen?
Ich mache Musik, solange ich denken kann. Die frühesten Erinnerungen sind sicher diese: als Kleinkind mit einem Regenstab und anderen Percussion-Instrumenten zu spielen und besonders auch, eigentlich schlafen zu sollen und zu hören, wie meine Mutter ein Stockwerk tiefer Klavier spielt. Ich habe auch als Kind Klavier und Saxophon gelernt, aber einen richtig eigenen Zugang zur Musik habe ich erst als Jugendlicher gefunden, als ich mit Youtube-Tutorials gelernt habe Gitarre zu spielen.

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Foto 2 (links): © Åke Tireland

Woher kommen dein Interesse und die Faszination für elektronische Musik?
Ich bin übers Sounddesign zur elektronischen Musik gekommen. Ich hatte Bass in einer Shoegaze-Band gespielt und wollte eine Bassnote, die über eine halbe Minute steht. Irgendwann bin ich darauf gekommen, dass ich dafür einen Synthesizer brauche und habe mir einen gekauft. Diese völlige Freiheit in der Gestaltung der Klangfarben hat mich dann nicht mehr losgelassen. Erst über die Beschäftigung mit diesem Instrument, habe ich mich wirklich mit elektronischer Musik auseinandergesetzt. Ich habe dann erst viel Techno gehört und mich durch die Synth-Pop-Geschichte gehört. Als mir dann eine Freundin Ableton gezeigt hat, habe ich die Möglichkeiten gesehen, die mir das als Musiker bringt.

Welchen Einfluss hat deine Umgebung auf deine Musik? Aus welcher Stimmung heraus ergeben sich für dich die besten Musikstücke?
Ich kann auf unterschiedliche Weisen kreativ sein. Am produktivsten bin ich, wenn ich strukturiert und mehrere Tage am Stück an Songs arbeite. Am besten vormittags, so als würde ich in die Bibliothek gehen und an einem Aufsatz schreiben. Es gibt aber auch Tage, an denen komme ich nach der Arbeit nach Hause, schreibe einen Text auf, fahre in den Proberaum und mache in zwei Stunden einen Song. Das ist aber eher die Ausnahme. Auf jeden Fall ist es so, dass ich mit Schluss Licht eher negative Emotionen und Konflikthaftes als Material verwende. Mir kommt es so vor, dass das Leichte und Gute eigentlich keine weitere Beschäftigung braucht. Ich muss nicht verarbeiten, dass es mir gut geht.

Erzähl uns ein wenig über deine Debüt-EP „Spät dran“, die du über åtåmåtån veröffentlicht hast. Wie sind die Songs entstanden? Wie sieht dein Songwriting aus? Wie kam es zur Zusammenarbeit mit dem Label?
Die Songs sind so entstanden, wie ich meinen Arbeitsprozess beschrieben habe. Ich würde noch hinzufügen, dass der Sound der EP nicht so sehr in sich geschlossen ist, wie ich das bei einem Album gerne hätte. Auf der EP sind einfach die Songideen gelandet, die Anfang 2020 schon nahezu fertig waren. Der Kontakt zu åtåmåtån kam über Freunde bzw. habe ich Ella Moe 2019 beim Kalabalik Festival in Schweden kennengelernt. Ich wusste auch, dass Solveig Matthildur von Kælan Mikla eine 7“ dort veröffentlicht hatte und habe Ella dann einfach Songs geschickt und gefragt.

In welcher Beziehung steht und/oder repräsentiert der visuelle Aspekt deine Musik?
Eigentlich ist das gar nicht sehr wichtig für mich. Also natürlich ist es mir wichtig, dass das Projekt einen Look hat, dass das auf der Bühne auch gut aussieht und nicht so wirkt, als käme ich gerade aus dem Büro. Aber die Musik steht für sich und die visuelle Ästhetik kommt sozusagen dazu, weil es ohne nicht geht. Das Gleiche gilt auch für Musikvideos. Ich finde Musikvideos dann am besten, wenn Videokünstler*innen die Musik als Material verwenden und etwas Eigenes daraus machen.

Die Einflüsse, die du in deiner Musik verarbeitest, würden wir die auch in deiner Plattensammlung oder auf deiner Playlist wiederfinden? Welche Musik hörst du gerade besonders gerne?
Naja, ich höre schon auch selbst gerne Wave, Synth und Post-Punk Sachen, wie z.B. Boy Harsher, Selofan, Kraftwerk und so Szene-Musik eben. Aber auch ganz viel anderes. Im Moment höre ich viel von Crim3s, das Album „Do not let me of the cliff“ von Cloud Rat, Anne Clark, Tame Impala, und ich habe auch mindestens einmal im Jahr eine Beatles-Phase. Ich mag eigentlich alles, was mich überrascht. Zuletzt habe ich auch nochmal richtig oft die Vroom Vroom EP von Charli XCX gehört. Das ist sicher nichts, was in der schwarzen Szene viel gehört wird, aber es hat mein Interesse geweckt.

Was ist die überraschendste CD/LP in deinem Regal?
Ich habe eine Schwachstelle für richtig mainstreamigen Pop und liebe das Album „Born this way“ von Lady Gaga.

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Foto 3 (links): © Åke Tireland / Foto 4 (rechts): © Lisabi Fridell

Was sind für dich thematische Inspirationen, die sich auch in den Texten niederschlagen?
Textlich ist es, wie ich es in den vorherigen Fragen auch schon beschrieben habe. Es sind schon eher die negativen Emotionen und Konflikte, die ich vertextliche. Ich schreibe meistens assoziativ. Also ich überlege mir nicht, über ein vorher bestimmtes Thema zu schreiben, sondern ich fange einfach an. Da kommen dann am Anfang eher einzelne Zeilen bei heraus, auf die ich mich, wenn sie gut klingen, in den nächsten weiter beziehe. So entwickelt sich dann über längere Zeit ein zusammenhängender Text. Oft ist es auch so, dass sich in diesem Prozess mehrfach ändert, woran ich bei den Songs denke und was die zum Thema haben. Den meisten Texten gemeinsam ist ein Gefühl von Hoffnungslosigkeit, die ich mich weigere zu akzeptieren.

Kürzlich haben wir dich beim Losing Touch Festival in Augsburg live erlebt. Wie war es für dich, in den letzten Monaten endlich wieder auf der Bühne zu stehen und deine Songs live zu spielen?
Ja, 2022 bietet endlich wieder Möglichkeiten zu spielen. Leider musste ich wegen der Pandemie einen Vollzeitjob annehmen, deshalb fehlt mir im Moment noch die Zeit, und ich konnte viele Veranstaltungen gar nicht erst zusagen, aber es ist jetzt schon sehr schön. 2021 hatte ich eigentlich nur zwei Konzerte, eines davon war beim Kalabalik Festival, das andere vor 30 Leuten, weil wegen Corona fast niemand kommen durfte. Ich hatte dieses Jahr im April schon die Gelegenheit Kælan Mikla für drei Konzerte auf ihrer Tour zu begleiten und im Mai gab es in Leipzig auch ein paar Shows. Die ausverkauften Kælan Mikla Shows waren schon sehr besonders nach den zwei Jahren Abstand. Mittlerweile fühlt es sich schon fast wieder normal an, auf der Bühne zu stehen, aber das ist ja ein sehr schönes Normal, für das ich viel Arbeit investiere. Ich bin vor allem auch froh, hoffentlich keine Livestreams mehr spielen zu müssen.

Was sind deine Pläne? Was wünscht du dir für die Zukunft?
Ab dem nächsten Jahr werde ich erstmal deutlich mehr Zeit haben und habe zuerst vor, mein Album fertig zu schreiben. Das ist schon länger in Arbeit, aber mit fehlt im Moment einfach die Zeit, daran konzentriert zu arbeiten. Ich möchte wieder zurück zu dem Plan von vor der Pandemie, so wenig zu arbeiten wie irgendwie möglich, um so viel Zeit für die Musik zu haben, wie es geht. Das geht in Leipzig wegen der (noch) günstigen Mieten auch ganz gut. Es kommt also ein Album und hoffentlich viele Konzerte.

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