Die Debüt-Single „You“ von Yakima Jera, die Ende letzten Jahres veröffentlicht wurde, war eine echte Entdeckung! Zwischenzeitlich ist die EP Capture erschienen – eine großartige und persönliche Interpretation von Cold-Wave und Post-Punk mit 6 faszinierenden Songs, die wunderbar für die dunkle Tanzfläche geeignet sind. Capture hat uns neugierig gemacht, und wir freuen  uns, dass wir euch das Regensburger/Münchner Duo als Band der Woche vorstellen können. 

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Wer verbirgt sich hinter Yakima Jera? Wie ist euer Projekt entstanden?
Wir sind ein Duo (Simon und Kara) aus Regensburg und München. Wir machen schon seit ein paar Jahren gemeinsam Musik und haben schon einige Wandlungen miteinander durchgemacht. In der Zeit der Corona-Pandemie haben wir begonnen, unsere Musik zu fokussieren. Wir kannten uns schon lange davor, hauptsächlich über unseren gemeinsamen Freundeskreis, Veranstaltungen im Metal-Bereich und in der schwarzen Szene. Durch unser sehr ähnliches Musikverständnis, die Liebe zum Post-Punk/New Wave der 80er Jahre, sowie modernen Synth und Dark Wave und die gefühlsmäßige Einheit miteinander, kristallisierte sich unsere Musikrichtung dann heraus. Sie vereint unsere musikalischen Backgrounds. Wir experimentierten mit elektronischen Beats, sphärisch verzerrten choruslastigen Gitarren und Synth-Elementen. Neben neu entstandenen Songs wurden auch aus früheren Akustiksongs neue Synthie-Songs. Letztendlich ist im Januar eine EP mit sechs Songs entstanden, die wir erstmals am Freitag, den 13. Januar 2023 veröffentlicht haben.

Was verbindet euch?
Manchmal fühlt es sich so an, als wären wir (musikalisch) eine Person, wir ticken sehr gleich. Uns verbindet die Faszination für Natur, für Organisches, für zwischenmenschliche Interaktion im Kontrast zur kühlen Stadt. Uns inspiriert die Ästhetik der USA der 60er und 70er Jahre, die Nostalgie, die Sehnsucht nach düsterer Schönheit, Liebe zum Post-Punk/New Wave der 80er Jahre, dem Look. Wir sind gute Beobachter. Wir sind beide sehr offen und neugierig für viel Verschiedenes und recht unkompliziert in unserer Art, wir lieben die Unkonventionalität der Szene. Und wir kennen das Fallen und wieder Aufstehen beide gut.

Beschreibt euren Sound mal außerhalb aller Genre-Schubladen. Yakima Jera klingt wie …
Simon: Eine Autofahrt durch nebelverhangene Wälder. Aus der Ferne hört man das Rattern eines Zuges, Lichter schimmern am Horizont. Ein kalter Wind dringt ins Innere des Wagens. Es herrscht eine Ungewissheit, wo die Reise hingeht.
Kara: Der Rückweg nach einer durchtanzten Nacht nach Hause durch die Stadt der 80er Jahre. Bei Nacht. Alleine. Beschwingten Schrittes geht man des Weges, und doch fühlt man das Verlangen hin und wieder über die Schulter zu blicken. War da ein Geräusch?

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Was sind eure ersten musikalischen Erinnerungen? Woher kommen euer Interesse und die Faszination für Musik?
Simon: Erste musikalische Erinnerung war eine Best-of-CD der Beatles, die ich mit neun Jahren geschenkt bekommen habe, und der Track „Don’t pay the ferryman“ von Chris de Burgh in Dauerschleife auf Kassette bei Autofahrten. Die musikalische Vielfalt der Beatles hat mich damals umgehauen, wie experimentierfreudig und innovativ ihr Sound zu dieser Zeit schon kreiert wurde. Hinzu kamen später weitere Bands wie The Who oder The Kinks, die den Punk-Vibe zu dieser Zeit schon lebten, verbunden mit einem abwechslungsreichen Songwriting. Mit dem Interesse für den Grunge der 90er Jahre, vor allem für Nirvana, Pearl Jam und Alice in Chains, stieg dann das Bedürfnis selber musikalisch aktiv zu werden.
Kara: Mir wurde berichtet, ich singe, seit ich sprechen kann. Mein Leben besteht, seit ich mich erinnern kann, aus Melodie, Musik verschiedenster Genres, sie trägt mich durchs Leben. Einen großen Wandel erfuhr ich dann, als der Metal in mein Leben kam.

Welchen Einfluss hat eure Umgebung auf eure Musik? Wie wichtig ist euch Natur?
Natur ist ein wichtiger Aspekt in der musikalischen Schaffungsphase. Manchmal eine kleine Ausflucht. Die Erdung. Die Schönheit. Die Thematik spiegelt sich auch in den Songs wieder. Unser Artwork ist stark geprägt von natürlichen Bildern. Aber auch Ausgestorbenheit der Stadt am frühen Sonntagmorgen hat besondere Anziehungskraft, eine Art Endzeitstimmung, die eine besondere Form der Melancholie hervorruft, eigentlich sehr warm und positiv.

Was sind für euch thematische Inspirationen, die sich auch in den Texten niederschlagen?
Kara: Wenn ich Texte schreibe, zeichnen die Stadt und ihre Bewohner, die kleinen und großen Zwischenmenschlichkeiten die Bilder, aber auch Erinnerungen an Erlebtes und die Fantasie. Die Ruhe der Natur formt dann die Melodie (des Gesangs). Wenn Simon Gitarre spielt, dann fliegen die Worte zu mir, und ich kenne die Richtung.

Aus welcher Stimmung heraus ergeben sich für euch die besten Musikstücke?
Simon: Tatsächlich am besten in emotional unsteten Lebensphasen, in denen viel Anregungen von außen auf einen einprasseln. Die Stimmung ist nicht so entscheidend, nur der Fluss muss gerade da sein, etwas kreativ zu gestalten und zu experimentieren.
Kara: Aus einer reflektierten Position mit Blick auf stark erlebte Gefühle und in Erinnerung bleibende Situationen.

Welche künstlerischen Einflüsse außerhalb der Musik haben eure Herangehensweise an eure Musik beeinflusst?
Besonders cineastische Einflüsse, also „der Film“ oder „das Kino“. Ganz stark auch das cineastische Konstrukt, das wir auch beim Schreiben unserer Songs immer wieder bildlich vor Augen haben. Reisen und die Offenheit zu anderen Kulturen, Landschaften, Menschen. Die Kunst lauert oft da, wo man sie nicht erwartet. Soundgefühl vereint dann das Akustische, Visuelle und sogar Geschmack. Wenn wir eine Melodie spielen, dann können wir förmlich den Duft noch wahrnehmen, oder den Geschmack wieder schmecken.

Erzählt uns ein wenig über eure EP „Capture“, die ihr kürzlich veröffentlicht habt. Wie sind die Songs entstanden? Wie sieht euer Songwriting aus?
Basis ist erstmal eine Idee, die meist auf einer basslastigen Synthie-Line beruht. Zu dem kommen dann rudimentäre Beats dazu. Mit diesem Grundkonstrukt arbeiten wir dann im Proberaum live die Songs weiter aus und ergänzen Gitarrenparts und Gesang. Wenn die Struktur aus Beats, Synthie, Gesang und Gitarre in den Ablauf passt, ruht der Entwurf erstmal ein paar Tage. Wenn wir den Fluss beim Hören des Songs danach immer noch spüren und uns selbst gerne dazu bewegen wollen, oder es bei uns selber emotional etwas auslöst, dann wird klanglich noch etwas „Glitzer“ darüber gestreut bis zur Vollendung.

Die Einflüsse, die ihr in eurer Musik verarbeitet, würden wir die auch in eurer Plattensammlung oder auf eurer Playlist wiederfinden? Welche Musik hört ihr gerade besonders gerne?
Definitiv ja. Simons Plattensammlung enthält szenetypische Klassiker wie „The Queen is dead“ von den Smiths oder The Cures „Disintegration“, aber auch zeitgenössischere Stücke wie die Alben von The Underground Youth. Momentan hat es uns beiden besonders das kalifornische Italo-Synth-Pop Trio Nuovo Testamento angetan, die den 80ies Dance-Vibe in Klang und Ästhetik in Perfektion zelebrieren.
Kara inspiriert aktuell Der Täubling, Lust auf Tanzen macht Boy Harsher, lyrische Inspiration aber auch Rückendeckung gibt Patti Smith und omnipräsent ist Black Metal wie zum Beispiel Wolves in the Throne Room.

Wenn ihr einen Film auswählen und eure Musik als Soundtrack einfügen könntet – welcher Film wäre das?
Wir hätten durchaus Lust und Ambition, einen eigenen Film zu erschaffen und den Soundtrack dazu zu machen, wie das Boy Harsher mit „The Runner“ gelungen ist. Wahrscheinlich hätte er dann Düsterheit und Bizarrerie wie bei „Donnie Darko“, unterschwellige Anspannung (POV Perspektiven) wie in „Blairwitch Project“ und Leidenschaft und USA-Ästhetik wie bei „Wild at Heart“ (ein David Lynch muss dabei sein). Er könnte ein ganz bisschen schrulligen Kitsch ertragen, für das wohlige „in einer Box“-Gefühl.

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In welcher Beziehung steht und/oder repräsentiert der visuelle Aspekt eure Musik?
Sehr stark. Aus Bildern entstehen Songs, und zu Songs sehen wir Bilder. Jeder in seiner Fantasie, aber dennoch ist es omnipräsent. Wir sprachen vorhin über das Thema Film. Das kommt auch bei uns immer wieder auf. Wir wollen unseren Sound in Form von Videos mit Bildern hinterlegen. Auch live versuchen wir eine audiovisuelle Inszenierung zu kreieren.

Was sind eure Pläne? Worauf freut ihr euch am meisten?
Wir freuen uns aktuell sehr, dass unsere musikalische Sprache großen Anklang findet. Es war uns eine Riesenfreude, für das Interview als Band der Woche gefragt zu werden, da wir selbst diese Rubrik mit hohem Interesse verfolgen.
Wir sprühen vor Ideen und Energie für neue Songs und planen bis Ende des Jahres ein Album zu veröffentlichen. Zusammen dürfen wir den Weg mit dem Label Young & Cold gehen, was uns sehr Stolz macht und die Vorfreude schürt, auch physisch die EP bald in Form von CDs und Vinyl in Händen zu halten. Wir haben große Lust auf Live-Auftritte, daher würden wir uns aktuell über Konzert-Anfragen freuen!
Vielen Dank für euer Interesse an uns.

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