Girls just wanna have fun!

 

Blondie_Pollinator

Da war dieser Sommer Ende der Siebzigerjahre, faule Mädchen auf einer reinen Mädchenschule hatten Sportunterricht. Sie mussten draußen auf der Aschenbahn ihre Runden drehen. Laaaaaangweilig! Ich gehörte dazu. Die Sportlehrerin arbeitete mit allen Tricks. Androhung von Verweisen, Extra-Runden, Eltern reinkommen lassen. Nicht ernst zu nehmen. Laaaaaaaaangweilig. Bis sie in ihrer Verzweiflung Musik nach draußen schallen ließ. Scheppernder Sound, fetzige Melodie, fragile, süffisante Stimme, rotziger Text:

Oh Denis doo be do,
I’m in love with you,
Denis doo be do,
I’m in love with you!

Dieses Lied hat mir Beine gemacht.

Once I had a love and it was a gas,
soon turned out had a heart of glass,
seemed like the real thing, only to find,
seemed like the real thing, only to find,
mucho mistrust, love’s gone behind.

Nix „mucho mistrust“! Meine Liebe zu Debbie Harry aka Blondie war erblüht, für immer.

Blondie, das war nicht nur Pop, nicht nur Disco, nicht reiner Punk, nicht nur Wave. Blondie mochte man oder nicht, aber Blondie war cool. 1974 gegründet, haben sie sich 1982 aufgelöst, nachdem die großen Erfolge ausblieben. Es gab private Schicksale, wie in jedem Leben. Debbie Harry hat jahrelang ihren Lebensgefährten Chris Stein gepflegt, der schwer erkrankt war, und sie machte sich auch einen Namen als Schauspielerin. So war es wie ein kleines Wunder, dass 17 Jahre später mit „Maria“ wieder ein Hit auf die Welt kam, von dieser Band, die es nicht lassen konnte und Ende der Neunziger Jahre wieder als Blondie auftrat. Ende letzten Jahres nun wurde veröffentlicht, dass sie wieder touren, und dass es ein neues Album geben wird. Debbie Harry, die unlängst mit Cindy Lauper, der anderen alten frechen Göre, auf Tournee war, ist mittlerweile 71, sieht – nachgeholfen oder nicht – toll aus, und ihr neues Album macht Spaß. Blondies elftes Album knüpft an den Sound der frühen Achtzigerjahre an. Debbie und der etwas jüngere Gitarrist Chris Stein denken nicht dran, älter und langweiliger zu klingen. Sie haben sich Urgesteine als Unterstützung geholt, wie Joan Jett („I love Rock’n’Roll“) als Gastsängerin oder den früheren Smiths-Gitarristen Johnny Marr, ebenso aber ganz junge Künstler wie die momentan sehr angesagte australische Künstlerin Sia. Natürlich ist Debbies Stimme nicht mehr die, die sie mit 30 war. Sie wurde deshalb zum Teil technisch verändert, mit verschiedenen Effekten überzogen, das tut der Sache aber keinen Abbruch. Es klingt wie ein typisches Blondie Album, klingt frisch und frech, ist Disco, Punk und New Wave in einem, dazu die unverkennbare Stimme von Debbie Harry. Cool, lässig, Laune machend.
„Doom or destiny“, gleich der Einstieg ist ein schnelleres, leicht punkiges Stück. Schon beim zweiten Track hat man vermeintlichen Wiedererkennungswert, ein typischer Blondie à la „Heart of Glass“. „Fun“ und „Long time“ wurden ja vorab als Single veröffentlicht, hier konnte man sich schon etwas länger einhören. Long time ist 70er-Jahre-Disco par excellence, man denkt an wilde Partys, an Glitzerklamotten und Champagnerbrunnen. In dem Tempo geht es weiter. Bei Fun denkt man gar an Motown, The stars on 45, Party einfach, aber vom Feinsten. „My Monster“ hat eine entzückende Textzeile: Human beings are stupid when they are young. Naja, Ältere können manchmal auch noch ganz schön dumm dastehen! „Gravity“ handelt von Heartache und vom letzten Tag, dem besten Tag ever. Bei „When I gave up on you“ ist Debbies Stimme klanglich etwas verzerrt, klingt dennoch cool, fast wie ein Stück von Devo. Danach kommt wieder ein leichteres Pop-Liedchen, anschließend größeres Orchester, modern, im Hip-Hop-Kleid.
Der letzte Song des Albums lässt sich Zeit. Es ist ein langsameres Stück, das am Ende eine wohlige Atmosphäre erzeugt.
„Do you love me now?“ fragt hier Debbie Harry mehrmals.

Ja. Tu ich.

:mosch: :mosch: :mosch: :mosch: :mosch2:

Blondie – Pollinator
Label: Bmg Rights Management (Warner), VÖ 5. Mai 2017
Audio-CD EUR 14,99, Vinyl EUR 21,99

Tracklist:
1. Doom or destiny
2. Long time
3. Already naked
4. Fun
5. My Monster
6. Best day ever
7. Gravity
8. When I gave up on you
9. Love level
10. Too much
11. Fragments

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