Punk as punk can

Axel_Kores„Verschwende deine Jugend“ sang einst Gabi Delgado von DAF, und danach hat auch Jürgen Teipel sein berühmtes Buch über die Anfänge von Punk und New Wave in Deutschland benannt.
Verschwendete Jugend heißt der Punk-Roman von Axel Kores, und das ist kein Zufall, sondern lenkt durch die entsprechenden Assoziationen direkt in die richtige Richtung. Sein Roman ist gewissermaßen eine mögliche Antwort, denn sein Protagonist Till Bloomstein hat konsequent nach diesem Credo gelebt und seine Jugend verschwendet, solange er noch jung war. Jetzt ist er 39, lebt noch immer im besetzten Abbruchhaus in Berlin, die Jugend ist vorbei, und was kommt jetzt?

Zunächst wird Bloomsteins Werdegang beleuchtet, wie er mit Punk in Berührung kommt, ganz darin aufgeht und es glaubhaft schafft, sich dauerhaft außerhalb der Gesellschaft und den gängigen bürgerlichen Normen zu bewegen und sich sogar dem Staat zu entziehen. Ohne regelmäßigen Job schlägt er sich mit kleinen Gaunereien durch, bei denen die reiche Elite um etwas Geld erleichtert wird, das diese ohnehin nicht vermisst.
Maria Schiller, die von ihm Mascha genannt wird, ist seine wichtigste Bezugsperson zu Jugendzeiten. Gemeinsam gehen sie durch dick und dünn, doch als er Mascha seine Liebe gesteht, kommt es zur abrupten Trennung, denn sie empfindet Bloomstein als Bruder. Zwanzig Jahre später gastiert Mascha als Schauspielerin in der Stadt, und die alte Besessenheit bricht wieder auf. Bloomstein fasst einen wahnwitzigen Plan, wie er seine große Liebe endlich erobern kann. Man fiebert einerseits fasziniert mit und ist gleichzeitig angewidert, weil Bloomstein stalkerhafte Züge annimmt. Kann das gelingen, oder steuert alles auf eine Katastrophe zu?
Axel Kores aus Halle gründete 1994 seine erste Punkband, bevor er Kunst studierte, Grafiker wurde und zum Schreiben fand. Er ist Mitinitiator des Künstler-Kollektivs RHIZOM Halle-Leipzig und spielt außerdem Schlagzeug bei der Band Klinke.

Fazit: Ich könnte mir gut vorstellen, dass einige Begebenheiten eine wahre Grundlage haben, aber es ist unmöglich zu sagen, wo die Grenze zur Fiktion verläuft. Punk entzieht sich gängigen Konventionen, und genau das macht Kores auch mit seinem Roman Verschwendete Jugend. Punk warf einst den ganzen musikalischen pompösen Bombast der 70er weg, nur drei Akkorde reichten. Kores wirft heute den ganzen klassischen literarischen Zirkus über den Haufen. Er schreibt sehr expressionistisch und intensiv, es knallt einem direkt vor den Latz. Ein literarisches Pendant zur Punk-Musik, das auf seine Weise ähnlich zerrissen ist wie seinerzeit die Hosen von Johnny Rotten.
Das macht das Lesen anfangs etwas anstrengend, aber die Abkehr vom Establishment ist konsequent. Dieser Roman will nicht gefällig sein, er will anecken und auskeilen und abseits von Mainstream-Bestsellerlisten sein Publikum im Underground finden. Und wie soll ich das jetzt bewerten? Der Schreibstil ist neu für mich und wird mit Sicherheit nicht allen Leser*innen gefallen, manche gar überfordern. Das ist eben Punk as punk can.

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Axel Kores: Verschwendete Jugend
Edition Outbird, Vö. März 2018
Softcover, 122 Seiten
12,00 € erhältlich über Edition Outbird
Homepage: https://shop.outbird.net/produkt/axel-kores-verschwendete-jugend/
https://www.edition-outbird.de

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