Mehr als nur Tee

Mit Reif für die Insel schrieb der amerikanische AutoBillBrysonr Bill Bryson vor rund zwanzig Jahren das erste Mal einen Reisebericht über das Vereinigte Königreich. In der Zwischenzeit war er für Frühstück mit Känguruhs in Australien unterwegs und wanderte für Picknick mit Bären durch die amerikanischen Appalachen, um nur einige andere Werke zu nennen. In seinen Büchern nimmt Bill Bryson die speziellen Eigenheiten von Land und Leuten auf charmante und witzige Art und Weise aufs Korn, und das ist auch im hier vorliegenden It’s teatime, my dear! nicht anders.

Bill Bryson erkundet erneut seine Wahlheimat England, in der er seit rund vierzig Jahren lebt, da er mit einer Engländerin verheiratet ist. Somit kennt er sich bestens mit den britischen Gepflogenheiten aus, die manchmal eben etwas schrullig sein können. Und so manche Situation hat jeder so oder ähnlich erlebt, der schon einmal auf den britischen Inseln gewesen ist. Aufhänger der Reise ist die vom Autor erdachte sogenannte Bill-Bryson-Linie, die den nördlichsten Punkt Cape Wrath mit dem südlichsten Punkt Bognor Regis verbindet und somit die tatsächlich längste mögliche Strecke bildet. Im britischen Einbürgerungstest, den Bill Bryson zur Erlangung der Staatsbürgerschaft abschließt, wird hingegen eine falsche Antwort verlangt. Ungereimtheiten dieser Art deckt er im Laufe des Buches immer wieder humorvoll auf, und auch der Brexit bekommt sein Fett weg. Schließlich ist Bill Bryson als Einwanderer selbst betroffen, und fachmännisch zerlegt er einige der Hauptargumente der Pro-Seite, die einfach zu kurzfristig gedacht sind. Aber keine Sorge, It’s teatime, my dear! ist kein langweiliges Politikbuch, denn zum einen ist diese Episode ist kurz, zum anderen ist Bill Bryson stets unterwegs zum nächsten Städtchen, zur nächsten Sehenswürdigkeit, und auch mal zum nächsten Pub. Es wird klar, wie sehr er dieses Land liebt, und so kann man auch sehr gut den Schmerz zwischen den Zeilen spüren, wenn sich gewisse Dinge aus seiner Sicht ziemlich negativ entwickeln. Trotzdem bewahrt er sich stets seinen Humor, und erläutert auch einige großartige Erfindungen und Entwicklungen, die hier ihren Anfang genommen haben. Darüberhinaus führt Bill Bryson den Leser an viele wunderbare Orte, die er bei seinem ersten Buch ausgelassen hat und präsentiert manche Überraschung, wie etwa, dass der weltberühmte Big Ben Glockenturm, das Wahrzeichen Londons, offiziell einen ganz anderen Namen hat. Seine Bücher sind eben ganz nebenbei auch immer ein klein wenig lehrreich.

Fazit: Die Try-not-to-laugh-Challenge habe ich schon auf Seite eins verloren. Bill Bryson bietet wie in allen seinen Reisebüchern eine gelungene Mischung aus Selbstironie, beißendem Zynismus und einer erfrischend ehrlichen Sicht auf die kleinen und großen Dinge und Ereignisse, die er während seiner Reise entdeckt bzw. erlebt. Und obwohl It’s teatime, my dear! kein Reiseführer im herkömmlichen Sinne ist, macht es definitiv Lust, den einen oder anderen Ort tatsächlich zu besuchen.

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Bill Bryson – It’s teatime, my dear!
Goldmann, 17.04.2017
Taschenbuch, 480 Seiten
10,00 €, eBook 8,99 €, erhältlich über buecher.de
Homepage: randomhouse.de/Buch/Its-teatim…yson/Goldmann/e469932.rhd

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