Der zweite Band der Werwolf-Saga


Ich konnte es nach dem famosen Erstling von Christiane Spies, Mondherz, kaum erwarten, dieses Buch in die Finger zu bekommen. Im Vergleich zum Vorgänger noch etwas umfangreicher geraten knüpft Zwillingsmond an die Ereignisse des ersten Bandes an: Veronika und Gabor sind mit ihren Kindern, einem Zwillingspaar, immer noch auf der Flucht vor einer unheilvollen Prophezeiung und dem geheimen Wolfsbund. Die beiden Kinder Janko und Ildiko könnten unterschiedlicher nicht sein, und es ist unklar, welches von ihnen denn nun der Auserwählte sein wird. Doch gleichzeitig erscheinen neue Feinde auf der Bildfläche, die Familie wird auseinandergerissen und Janko von mysteriösen tatarischen Werwölfen entführt. Ildiko bricht deshalb mit dem Rest des Rudels auf, um auf einer wahren Odyssee durch das spätmittelalterliche Südost-Europa ihren Bruder zu suchen und den Geheimnissen des Wolfsbundes auf die Spur zu kommen. Dabei begegnet sie, wie schon ihre Eltern im ersten Band, zahlreichen geschichtlichen Persönlichkeiten und erlebt die wichtigsten Ereignisse ihrer Zeit hautnah mit.


Und genau das ist auch das Problem an Zwillingsmond: In dem stattlichen Wälzer geschieht so viel, dass es trotz der spannenden Story schwierig wird, einen Überblick zu behalten. Mehrere Handlungsstränge passieren gleichzeitig, alle paar Seiten spätestens wechseln Ort und Erzählperspektive, und man braucht beinahe einen Spickzettel, um sich die einzelnen Hauptpersonen zu merken. Vielleicht hat die Autorin nach dem Erfolg des Erstlings etwas zu viel gewollt: Fantasy, Thriller, Romanze und dann auch noch Geschichtsbuch – diesmal geht die Rechnung leider nicht so gut auf wie in Mondherz. Zwillingsmond hätte sicherlich von der Streichung einiger Nebenschauplätze und insgesamt von einer Straffung profitiert. Dennoch ist es eine unterhaltsame Lektüre, erneut lernt der Leser viel über die Geschichte einer Region im ausgehenden Mittelalter, die in Geschichtsbüchern nur in Nebensätzen erwähnt wird. Allerdings muss sich ein Zweitwerk immer mit dem Erstling messen lassen, und da verliert Zwillingsmond eindeutig. Durch die zahlreichen verschiedenen Hauptpersonen werden die einzelnen Charaktere weniger genau ausgearbeitet, es ist schwierig, Sympathie für ihre Motive zu empfinden. Eine Konzentration auf zwei Erzählperspektiven, wie mit Veronika und Gabor im ersten Band, wäre vermutlich ein Vorteil gewesen.

Für Fantasy-Fans ist das Buch sicher trotzdem ein guter Tipp, aber mit der Einschränkung, dass man den ersten Band kennen sollte. Ansonsten kann es wirklich kompliziert werden, sich in der Geschichte zurechtzufinden.

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Christiane Spies, Zwillingsmond
Droemer-Knaur-Verlag (2.3.2015)
576 Seiten
Gebundene Ausgabe: 14,99 €
Ebook: 12,99 €
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