Hommage an Neil Gaiman

Jude Finneys Leben verändert sich ganz schön, als er eines Tages bemerkt, dass er Geister sehen kann. Die Toten sind nicht nur überraschend nett, sondern auch lebensfroher als so mancher Mensch, und so verbringt der Teenager bald regelmäßig Zeit auf dem Highgate Cemetery, flüchtet vor dem Alltag und denkt über das Leben nach. Doch eine weitere Überraschung wartet, als er eines Nachts auf dem Friedhof ein Mädchen findet, das weder tot noch lebendig zu sein scheint, und sämtliche Erinnerungen verloren hat. Gemeinsam machen sie sich auf die Suche nach ihrer Geschichte und stolpern in ein Abenteuer, das nicht nur beide ihr Leben kosten könnte, sondern auch ganz London seine Träume. 
Christoph Marzi. Was soll ich noch sagen, was ich nicht schon in neun anderen Rezensionen gesagt habe? Sein zauberhafter Stil und seine einmalige Art, Geschichten so zu erzählen, dass sie wirklich etwas bedeuten, haben mich mal wieder in ihren Bann geschlagen. Er nimmt den Leser an die Hand und zeigt ihm die kleinen Details, die das Leben lebenswert machen, verpackt in eine Geschichte, die zwar simpel ist, aber trotzdem einfach nur schön. 
Natürlich punktet bei mir persönlich wie immer das Setting in London, der „Stadt der Schornsteine“, in der auch die Uralte-Metropole-Reihe und Heaven: Stadt der Feen spielen. Marzi fängt die Atmosphäre der Stadt ein und zeigt uns ihr schlagendes Herz, selbst auf dem berühmten Highgate Friedhof. Natürlich dürfen hier die üblichen Anspielungen auf moderne Popkultur nicht fehlen, die Christoph Marzis Bücher so sympathisch machen. 
Ein mit Geistern befreundeter Junge? Moment, das kennt man doch… ah ja, genau. Neil Gaimans Graveyard Book (Das Graveyard Buch, erschienen beim Heyne Verlag). Nun, dass Marzi ein Fan von Neil Gaiman ist und auch die Uralte Metropole eine gewisse Ähnlichkeit mit Neverwhere (Niemalsland, ebenfalls Heyne Verlag) aufweist, ist kein Geheimnis. Doch statt einfach abgekupfert zu wirken, ist Memory (genau wie die Uralte Metropole) vielmehr eine Hommage, eine Verbeugung vor dem Großmeister der Urban Fantasy. Marzi benutzt zwar Gaimans Grundidee, erzählt die Geschichte dann aber in seinem ganz eigenen, charmanten Stil, viel märchenhafter und weniger düster und baut weitere Elemente aus mittel- und fernöstlicher Mythologie ein. 
Memory: Stadt der Träume ist eine Gutenachtgeschichte, ein Jugendbuch und ein Märchen für die, die im Herzen noch Kind sind. Es ist ein Sonnenstrahl an einem Oktobermorgen, genau wie so ziemlich jedes Buch von Christoph Marzi. Man bekommt einfach genau das, was man erwartet. Eine zauberhafte Geschichte, wunderschön und mit viel Gefühl erzählt. 
:buch: :buch: :buch: :buch: :buch: 

 

Christoph MarziMemory: Stadt der Träume
Arena Verlag, 2011
320 Seiten
14,99€
Broschiert oder eBook: 9,99€
Christoph Marzi

 

(4860)