Backflash in die 80er

Bobby uRoss_DFSchottendisco_171693nd Joey sind zwei typische Teenager in Kilmarnock, die, wie so viele, nicht wissen, was sie nach der Schule machen sollen. Ohnehin sind ja die meisten Leute arbeitslos. Als für eine Party DJs gesucht werden, wittern die beiden ihre Chance und gründen eine mobile Disco namens Heatwave. So kann man Platten auflegen und Spaß haben, dabei Geld verdienen und bei den Mädchen gut ankommen. Der erste Abend geht zwar gründlich in die Hose, trotzdem entwickelt sich Heatwave zu einer Konkurrenz zu Fat Franny, einer lokalen Gangster-Größe. Diesem ist das natürlich ein Dorn im Auge, da er die Unterhaltungsbranche der Gegend fest in seiner Hand hat. Ob das wohl gut geht?

David F. Ross gelingt es sehr gut, die Stimmung der Zeit einzufangen, in der Vinyl-Singles noch das Maß aller Dinge waren. Er hat auch ein Gespür für authentische Details: „Sie drückte OliviaNewtonJohn-mäßig ihre Zigarette aus, drehte sich um und stolzierte zurück in den Pub, im vollen Bewusstsein, dass die drei Typen auf ihren Arsch in der irre engen, gestreiften Jeans starren würden.“ Ganz nebenbei bietet Schottendisco eine sehr interessante Sozialstudie einer schottischen Kleinstadt in der Zeit der Wirtschaftskrise der frühen achtziger Jahre, quer durch alle Gesellschaftsschichten hindurch.
Als Vorworte zu den einzelnen Kapiteln werden immer wieder Zitate von Margaret Thatcher eingefügt, der „eisernen Lady“, mit Bezug zu der damaligen Wirtschaftskrise oder dem Falklandkrieg. Das ist einerseits sehr interessant gemacht, andererseits offenbart sich aus heutiger Sicht ein absolut beißender Zynismus. Die Historie bildet eine Parallele zur Handlung in Schottendisco, denn Bobby und Joey fordern Fat Franny ebenso heraus wie damals der Staat Argentinien, der dem Great British Empire die Falklandinseln streitig machen wollte. Und wie Thatcher seinerzeit will Fat Franny sein Imperium mit eiserner Hand zusammenhalten.

In der zweiten Hälfte verlagert sich die Handlung entsprechend mehr zum Kriegsthema hin, und es wird sehr deutlich, wie sinnlos so ein Krieg ist. Sowohl für die unmittelbar Kämpfenden, als auch für die betroffenen Angehörigen daheim sind die psychischen Folgen weitreichend und prägend für die Zukunft. Leider endet hier auch das Buch und lässt so einige Fragen offen, vor allem ob und wie es mit Heatwave weitergeht. Aber eine Fortsetzung ist zum Glück bereits in Arbeit.

Fazit: Schottendisco ist ein Muss für alle, die in den achtziger Jahren aufgewachsen sind, denn man findet unweigerlich viel seiner eigenen Jugend wieder, auch wenn man sie nicht in Schottland verbracht hat. Darüber hinaus ist es auch eine Hommage an die gute alte Schallplatte, und so macht der originelle „Soundtrack“ des Buches Schottendisco auch für alle Musikliebhaber interessant. Wenn die Story einmal verfilmt werden sollte, hätte der Film auf jeden Fall das Potential zum Kultfilm. Ich persönlich hatte aber gehofft, dass der Fokus insgesamt mehr auf der Musik liegen würde, daher gibt es von mir einen Punkt Abzug. Trotzdem bin ich sehr gespannt auf die Fortsetzung.

:buch: :buch: :buch: :buch: :buch2:

David F. Ross – Schottendisco
Heyne Hardcore, VÖ: 29.08.2016
Taschenbuch, 336 Seiten
ISBN: 978-3-453-27040-4
14,99 €, als Ebook 11,99 €, erhältlich über Randomhouse randomhouse.de
Homepage: heyne-hardcore.de

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1 Kommentar

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  1. […] ruhiger Sonntag, eingekuschelt auf der Couch, lesen wäre vielleicht eine gute Idee, zum Beispiel Schottendisco!? Schottland im 80er-Jahre-Style, Mrs. Hyde hat’s für gut […]

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