Sex and Drugs und Stepptanz

elizabeth george wer strafe verdientIm kleinen englischen Städtchen Ludlow, nahe London, beschuldigt man den Diakon, sich an Kindern zu vergehen. Er wird verhaftet und kommt in Polizeigewahrsam um. Ist es Selbstmord? Mord? Stimmen die Anschuldigungen überhaupt? Sein Vater glaubt nicht an Pädophilie bei seinem Sohn, der allerorts sehr beliebt war. Er kann erreichen, dass der Abschlussbericht der örtlichen Polizei geprüft wird. So kommt es, dass Sergeant Barbara Havers und ihre Chefin Isabelle Ardery das vor Ort im Auftrag Scotland Yards untersuchen müssen. Sie verbringen dabei einige Tage in Ludlow und gehen jedem Hinweis gewissenhaft nach. Barbara hängt sich dabei mehr rein als ihre Chefin. Sie darf sich nämlich keinen einzigen Fauxpas erlauben, hat sie sich doch im letzten Fall reichlich daneben benommen.

Die Chefin hingegen hat ein anderes Handicap, das sie mehr als der Fall beschäftigt: Sie hat ein schweres Alkoholproblem, und das schon seit Jahren, aber jetzt kann sie es nicht mehr schönreden. Wenn sie nichts dagegen unternimmt, wird sie nicht nur ihre Familie sondern auch ihren Job, das einzige, was sie noch hat, verlieren. Nach ein paar Tagen scheint der Fall abgeschlossen: Es war Selbstmord. Barbara muss in London den Bericht schreiben. Leider tauchen ein paar Ungereimtheiten auf, die der Chefin zwar nicht passen, die aber Thomas Lynley und Barbara Havers erneut nach Ludlow zwingen. Sie hinterfragen alles, und dies bei jedem. Hier stehen sehr viele junge sex-, alkohol- und drogenverliebte Studenten zur Disposition, die dazugehörigen Eltern und Großeltern mit all ihren Geschichten und Verwicklungen. Doch Barbara Havers und Thomas Lynley lösen auch diesen Fall, und sei es, dass sie dazu jeden fuchsiafarbenen Pflanztrog im beschaulichen Vorgärtchen einer Verdächtigen umdrehen müssen.

Wer Strafe verdient ist der 20. Fall für Inspector Thomas Lynley von Scotland Yard und seine Assistentin Barbara Havers. Die Amerikanerin Elizabeth George lebt zu Recherchezwecken immer wieder monatelang in London, um all die Details aufzunehmen, die dann in ihren Romanen so authentisch englisch klingen. Vor über 28 Jahren erweckte sie die beiden sympathischen Figuren zum Leben. Wie so oft bedient sie sich eines Kunstkniffs, die Hauptdarsteller sind nicht sehr gealtert, obwohl die Welt sich drum herum gewaltig gedreht und gewendet hat. Thomas Lynley, der seinen Adelstitel nur im Notfall auspackt, und seine getreue Mitarbeiterin Barbara sind immer noch ein Dream-Team. Lynley scheint allmählich den Tod seiner geliebten Helen zu verwinden, wagt sich gar an ein neues Glück, und aus der tollpatschigen, ungehobelten Barbara, die normalerweise jedem Fettnapf mit Riesenschritten entgegentrampelt, ist – fast – eine Dame geworden, die erst einmal nachdenkt, bevor sie sich um Kopf und Kragen plappert, und die eine neue Leidenschaft entdeckt hat, wenn auch unfreiwillig: den Stepptanz. Mir das bildlich vorzustellen, war mir fast die größte Freude an diesem Roman. Denn Elizabeth Georges Bücher sind von eh und je mehr Romane als Krimis. Die mehr oder minder immer gleichen Randfiguren bei Scotland Yard und im Privatbereich, die Weiterentwicklung der persönlichen Geschichten, das ist mir, und ich denke annähernd jedem Leser, fast wichtiger als der Fall. Auch diesen Fall werde ich sicherlich irgendwann vergessen haben oder nicht mehr rekonstruieren können, eine Barbara Havers aber in schwarzen Leggings beim Stepptanz, das kann man nicht vergessen. Etwas zu detailverliebt, ein bisschen viele Nebenstränge, einen Tick zu lang, dennoch eine meiner Lieblingsreihen. Ich freue mich auf den 21. Fall.

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Elizabeth George: Wer Strafe verdient
Goldmann Verlag, Vö. 8. Oktober 2018
864 Seiten
Gebundenes Buch: 26 Euro
eBook 25,99 Euro

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