Vom verlorenen Sohn

ani_die ermordung des glücks

34 Tage lang kommt der 11-jährige Lennard Grabbe nicht nach Hause. Er ist nach der Schule verschwunden, im November, mitten im trüben München. Doch dann taucht dieser Mann zu Hause in der kleinen Konditorei der Eltern auf und teilt ihnen mit, dass der Bub einem Mord zum Opfer gefallen ist. Die Mutter verliert Zeit und Raum, fragt sich zwischendrin, wer der Mann ist, der unentwegt ihre Hand hält: Es ist Jakob Franck, der Ex-Kommissar, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, Hinterbliebenen schonend schlimme Wahrheiten zu überbringen.
Wer wollte Lennard etwas Böses? Einem Jungen, der beliebt war, Fußball und Musik spielte? Dennoch ist er getötet und in einem Waldstück bei Höllriegelskreuth abgelegt worden.

Die Sonderkommission „Lennard“ ermittelt in alle Richtungen, aber die Ermittlungen verlaufen im Sand. Jakob Franck will unbedingt herausfinden, wer Lennard umgebracht hat und vor allem warum. Noch lang nach dem Schließen der Akten ermittelt er weiter und ist hartnäckig. Er gibt nicht auf, und so klärt er tatsächlich den Fall auf. Zufriedenstellend ist das nicht, Frieden für die Hinterbliebenen gibt es auch nicht. Eine außerordentlich originelle Idee, die letzte Szene im Himmel spielen zu lassen. Zwei ermordete Kinder sprechen miteinander – ganz friedlich.

Der Tod dieses Jungen hat alle, die mit ihm zu tun hatten, in großes Unglück gestürzt, ihr Glück ermordet. Dieses Buch ist wie so oft bei Friedrich Ani kein eigentlicher Krimi, sondern eher ein psychologischer Roman. Es geht um Gefühle, Trauer, Verzweiflung, Wut, und wie man damit umgeht. Es ist ein düsteres und melancholisches Buch. Mich hat auch dieser zweite Roman um den pensionierten Jakob Franck gefesselt. Franck hat schon vieles falsch gemacht in seinem Leben und setzt oft falsche Prioritäten. Er ist aber empathisch und anteilnehmend wie kaum ein Zweiter. Ihn möchte man jederzeit zu einem Bier oder einer Weinschorle zu ein paar wenigen Worten und viel Verständnis treffen, auch weil es einer ist, der im Dunklen vorausgeht.

Der 1959 in Kochel am See aufgewachsene, in München-Giesing lebende Friedrich Ani hat mit Jakob Franck nach Tabor Süden wieder einen wunderbaren Vermisstensucher geschaffen.

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Friedrich Ani: Ermordung des Glücks
Suhrkamp  Verlag, 11. September 2017
317 Seiten
Gebundene Ausgabe: 20,00 Euro
eBook: 16,99 Euro

 

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