„Das ist nicht normal.“

 

kaemmerer-harte-hundeGrafenberg im schönen Niederbayern: Eine gerade eröffnete Biogasanlage explodiert, deren Betreiber Hublsteiner und sein Widersacher Pramminger, beide Großbauern sowie Bauunternehmer, werden kurz danach auf einer Waldlichtung aufgefunden, der eine am Boden liegend, der andere befindet sich am Hochsitz, beide erschossen. Der zuständige Polizist Brandl (Metal-HipHop-Band-Mitglied, Motorradfahrer und Discobesitzer) und sein Vorgesetzter Meisel bekommen viel Arbeit. Zu ihrer Unterstützung rücken die Straubinger Hauptkommissarin Röhrl und ihr Kollege Janucek an. Das Auffinden drei weiterer Toter vereinfacht die Sachlage nicht gerade. Und da gibt es dann auch noch den Bauunternehmer Rottmann, der eigene Pläne mit den Resten der alten Burg auf dem Staller-Gelände hat, und die tschechischen Gebrüder Wrabal, die dazu eine ganz andere Idee haben.
Eine gehörige Prise Witz bekommt diese Menschenansammlung noch durch die beiden Beerdigungs-Sondereinsatz-Mitarbeiter Andi und Django. Deren dienstlicher Einsatz bei einer Rocker-Aufbahrung läuft auch anders ab, als sie sich das vorstellen können.

 

Meine Überschrift habe ich mir von Herrn Kämmerer geborgt, sie ist ein Zitat von Seite 69 aus Harte Hunde. Nicht normal ist so einiges bei diesem Buch: Ich habe selten einen Krimi gelesen, bei dem die Namen so daherpurzeln, Charaktere mit eigenen Geschichten, mit unerwarteten Ideen und mit einer gewissen Eigensinnigkeit. Der Autor hat hier vielleicht auch seine persönlichen niederbayerischen Erfahrungen eingebracht. Seine München-Krimis Die Isartote und Heiligenblut müssten mich eigentlich schon auf das vorbereitet haben, was hier passiert. Allerdings gibt Kämmerer im vorliegenden Buch noch mehr Gas. Der Dorfpolizist Bradl gibt schon einiges an Stoff durch seine vielschichtige Person her. Der absolute Gag sind immer wieder Andi und Django, die auch schon vereinzelte Einsätze in Kämmerers vorhergehenden Erzählungen hatten. Kurzzeitig taucht auch die geschätzte Dosi Roßmeier auf, und am Ende bekommt er sogar den Bogen zu Brandls Münchner Kollegen Hummel hin. Großes (Kopf-) Kino bietet der Erzähler mit den Gebrüder Wrabal: Martin macht große Geschäfte mit käuflicher Liebe und anderem, Bohumils Interesse gilt unter anderem dem Zirkus, beide gegensätzlich und dann doch wieder gemeinsam. Erwähnenswert ist auf jeden Fall auch noch die Person Rottmann mit seiner rechtsradikalen Gruppierung, ein weiterer Zweig innerhalb des Krimis. Man darf aber jetzt nicht meinen, dass der Leser den Überblick innerhalb der vielen Geschehnisse verliert. Dafür sorgen schon die „kurzen Gute-Nacht-Kapitel (Originalton Harry Kämmerer anlässlich der Vorstellung von Harte Hunde im Münchner Theater Drehleier) und der flüssige Schreibstil. Dem Niederbayern-Krimi haftet auch eine Prise Science Fiction im Untergrund an, und eine vollkommen andere Wendung nimmt das Buch gegen Ende. Hier hat mich der Autor etwas verwirrt, aber beim Weiterlesen dann doch wieder mitgenommen. Da verrate ich jetzt aber nicht zu viel.

 

Wenn man einen eigenwilligen und doch gut inszenierten Krimi lesen will, ist man mit Harte Hunde gut bedient. Langweilig wird es nie, dafür sorgen schon die Beteiligten.

 

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Harry Kämmerer: Harte Hunde
Verlag Graf (Ullstein), 06.03.2015
14,99 €
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