On a road to nowhere

Angstmädchen

Malin ist eine junge, 18jährige Frau, die im Alter von wenigen Monaten von einem schwedischen Ehepaar adoptiert wurde. Ursprünglich ist sie Koreanerin. Es macht ihr immer ein wenig zu schaffen, dass sie so anders aussieht als alle anderen, dass man sie auf Englisch anspricht, sogar noch Englisch weiterspricht, wenn sie schon längst in fließendem Schwedisch geantwortet hat. So kam es wohl, dass sie ein wenig schüchtern und introvertiert wurde. Sie findet nicht besonders schnell Freunde. Aber sie bekommt ein Zimmer in einem Studentenwohnheim in Linköping und freundet sich mit ihren Stockwerksnachbarn an. Sehr schnell aber merkt sie, dass es in ihrer Umgebung nicht mit rechten Dingen zugeht. Mal sind Schuhe und Stiefel wild in der Diele verstreut, Wasserlachen auf dem Laminat mit nassen Fußspuren drumherum, schwarze Haarsträhnen, die aus ihrem Badewannenablauf blubbern, ein weißes Gesicht mit schwarzen Haaren, das sich im Fenster oder aus den Augenwinkeln auf Spiegeln zeigt.

Die Mitbewohner klären sie auf: Vor kurzem hat sich in ihrem Zimmer Yuko, eine junge Japanerin, umgebracht. Dass ausgerechnet sie, Malin, auch ein „Schlitzauge“, um es ganz provokant auszudrücken, das Zimmer bekommen hat, ist für alle schockierend. Und von da an werden die Vorkommnisse immer schlimmer und treten immer öfter auf. Malin findet in ihrem Kellerabteil zwei Kisten mit Yukos persönlichen Dingen nebst einem Tagebuch, und sie ist sich sicher, wenn sie herausfindet, wie es zu Yukos Selbstmord kam, dann kann sie sie vielleicht sühnen, und Yuko und die anderen finden wieder ihre Ruhe. Dass alles ganz anders kommt, das hätte wohl keiner gedacht.

Man kommt schnell rein in die Story, sie ist einfach konzipiert, nach dem Vorbild von Teenie-Serien, von Gruselfilmen wie Halloween, Poltergeist, Freitag der 13. Darauf spielt die Autorin auch bewusst an, das ist nett gemacht, wie die jungen Leute in ihrer WG gemeinsam Gruselfilme schauen und darüber diskutieren. Dann wird man aber unsicher. Wird das eine Story à la The Grudge, The Ring? Mit einer scharzhaarigen, weißgesichtigen, rachesuchenden Japanerin? Dass die Geschichte dann eine Wende macht und im letzten Drittel nochmal so richtig interessant wird, gefällt mir.

Was mir im Nachhinein nicht gefällt, ist die Irreführung auf dem an sich sehr schönen Buchcover. Warum müssen es blonde Locken sein, die da herunter prangen, wenn es im ganzen Buch um Büschel schwarzer Haare geht und immer wieder um schwarze Haare, aus dem Ausguss, in der Badewanne, auf dem Gesicht? Und wieso nennt man das Buch einen Thriller? Und wieso durfte es nicht, wie im Original, „Yuko“ heißen, sondern Angstmädchen? An und für sich ist es ganz einfach eine nett und empathisch geschriebene Gruselstory mit einem Ende, das ich nicht erwartet hätte – wenn es sich nicht im Prolog schon so angekündigt hätte.

Nach Skalpelltanz ist dies Jenny Milewskis, (geboren 1971) zweiter Roman. Die Schriftstellerin lebt mit ihrem Mann in Malmö.

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Jenny Milewski: Angstmädchen
Heyne Verlag, 9. Januar 2017
336 Seiten
Broschiert 13,99 Euro
Kindle Edition 10,99 Euro

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