Who wants to live forever?

Lubbadeh_JUnsterblich_1712152044. Die schöne, neue Welt ist wahr geworden. Unangenehme Termine und lästige Meetings sind nicht mehr nötig: Der Avatar erledigt das, ebenso Reisen in weite, fast unerreichbare Ferne. Ein schönes Leben gehabt? Man wird geliebt, ist womöglich berühmt? Dann kann man sich unsterblich machen lassen – immortal – indem nach dem Tod eine unsterbliche Kopie geschaffen wird, ein Ewiger. Es ist eine teure Angelegenheit, aber machbar. Das führt allerdings dazu, dass die Erde bevölkert ist von den Ewigen der wirklich Großen. Es gibt neue Musik der Beatles und der Stones, Helmut Schmidt regiert schon ewig in Deutschland, und große, eigentlich längst tote Filmstars spielen in neuen Filmen mit. Marlene Dietrich, eine Leinwandlegende, auch ein Ewiger, ist aber plötzlich verschwunden. Tot?

Das kann eigentlich nicht sein, da Ewige, die ja nur perfekte Hologramme sind, an und für sich unsterblich sind. Die normalen Menschen, die inzwischen mittels einer Art Family Policy auch Unsterblichkeit erlangen können für sich und ihre Familien – sich dafür aber ein ganzes reales Leben lang abrackern müssen – haben plötzlich Todesangst, Panik bricht aus. Was, wenn alles nur Lug und Trug ist? Wenn die Ewigen doch nicht ewig leben können? Benjamin Kari ist im Auftrag seiner Firma, der Versicherungsgesellschaft Fidelity unterwegs, um dem Rätsel um die verschwundene Marlene Dietrich auf den Grund zu gehen. Hierzu unterzieht er sich der lästigen, persönlichen Reise nach Hamburg, um sich dort mit Lars von Trier zu treffen, einem großen, alten Regisseur, der sich niemals unsterblich machen lassen möchte, die Dietrich in seinen jungen Jahren aber tatsächlich einmal persönlich kennengelernt hat. Dieses Treffen ist der Auftakt zu einer ganz besonderen Recherche. Die Ereignisse werden sich überschlagen, nichts wird mehr so sein, wie es ursprünglich geplant war.

Die Idee ist großartig. Die Geschichte ist fantastisch, fast wie bei Blade Runner, dem Science-Fiction-Klassiker. Wie wäre es, wenn man tatsächlich ewig leben könnte? Was würde man dafür alles in Kauf nehmen? Welche Konsequenzen hätte es, wenn das weit verbreitet wäre?

Wie der Autor real existierende Personen wie Lars von Trier oder Barack Obama hat altern lassen, wie er längst Tote auferstehen hat lassen wie die Dietrich, die Beatles, Politiker wie Helmut Schmidt, wie er das Ganze mit dem Lokalkolorit von Hamburg, Berlin, San Francisco, aller Städte, in die Ben Kari zwangsweise reisen muss, versehen hat: tolle Idee, fantastisch umgesetzt. Kleine Anspielungen auf tatsächlich lebende Personen, Liedzitate, Geschehnisse aus berühmten Filmen: Das sind ganz besondere Schmankerl.
Und die Danksagung ganz am Ende ist auch sehr liebenswert. Sie zeugt von Fantasiebildung durch die Liebe zur Musik.

Dies ist Jens Lubbadehs erster Roman. Er ist freier Journalist und schreibt u.a. für Die Zeit. Er lebt in Hamburg.

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Jens Lubbadeh – Unsterblich
Heyne Verlag, 11. Juli 2016
448 Seiten
Broschiert 14,99 €, Kindle Edition 11,99 €

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