Und immer wieder Nick und Anna

2018, Heiligabend. Nicks kleiner Bruder will sich das Leben nehmen. Doch der Todessprung aus dem 7. Stock in Manhattan klappt nicht. Viel frisch gefallener Schnee rettet ihn. Diese Nachricht erreicht Nick in London. Was hat Sal dazu gebracht? Diese Episode ist der Anlass, Nick sein Leben in chronologisch ungeordneten Abständen erzählen zu lassen.

Er und sein jüngerer Bruder waren immer sehr eng miteinander. Die Familienverhältnisse hatten sie aufeinander eingeschworen. Der Vater streng und oft lieblos, die Mutter bedingungslos liebend, das Leben eher ärmlich mit allerlei Entbehrungen. Da lernt Nick, es ist im Sommer 2003, bei einem Aushilfsjob im Kino die faszinierende Anna kennen. Sie ist so ganz anders als er und auch wie sie lebt. Sie lebt in Schönheit, und ihr Leben ist in absolut geordneten Bahnen. Sie verlieben sich ineinander und verbringen viel Zeit miteinander. Sie tanzen und trinken und rauchen und reden. Und das ist etwas, das Anna so noch nie getan hat, sie ist noch keine 18 Jahre alt und gehört einer strengen Religionsgemeinschaft an. Hier gibt es keine Alleingänge von jungen, unverheirateten Frauen, hier ist Sex eine Todsünde und sowieso sind alle, die der Gemeinschaft nicht angehören, dem Tode geweiht. Anna hat Angst vor einem Leben außerhalb der Gemeinschaft, sie kennt nichts anderes, sie kann ihr Leben nicht aufgeben, und Nick will sie nicht halten. Nach einem leidenschaftlichen, wundervollen Sommer trennen sich die beiden. Das Leben geht weiter, Nick lernt wieder jemanden kennen. Er erzählt viel von sich und seinem jüngeren Bruder Salvatore, dem immer die Herzen wie von automatisch zufliegen. Wir erfahren vom Elternhaus und dem entsetzlichen Unfall, den letztendlich Sal verursacht hat. Wie das Leben danach weiterging, und was die Erziehung und der Umgang mit anderen Menschen aus ihnen gemacht hat. Nick sieht immer mal wieder zufällig Anna, wie durch unsichtbare Fäden sind sie miteinander verbunden. Aber erst sehr viel später, Anna hat schon einen Sohn und lebt allein mit ihm außerhalb der Religionsgemeinschaft, gibt er sich noch einmal einen Ruck und verlässt auch er die Bahn, die er eingeschlagen hat. Er muss seine Schicksalsschläge verarbeiten und sich mit seiner Vergangenheit aussöhnen. Wird er einen Neuanfang wagen?

Jodie Chapman ist in Kent aufgewachsen, als jüngstes von sechs Geschwistern. Die ersten 35 Lebensjahre gab es für sie kein Weihnachten, kein Ostern, keine Geburtstage, denn sie gehörte der Religionsgemeinschaft Jehovas Zeugen an. In ihrem Debütroman Eine ganze Liebe lang verarbeitet sie ihre Erfahrungen. Interessant, eindrucksvoll und doch nicht effekthaschend. Eine wunderschöne Coming-of-Age-Geschichte über verschiedene Arten von Liebe und wie man damit umgeht.

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Jodie Chapman: Eine ganze Liebe lang
Originaltitel: Another Life
Aus dem Englischen von Leena Flegler
Blanvalet Verlag, Vö. 26. April 2022
Broschiert: 480 Seiten
16 Euro
eBook: 9,99 Euro

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