Let there be Rock – forever!

 

Bruckmaier

Offen und ehrlich hatte ich mir eine gut recherchierte, amüsante Anreihung von Ereignissen der Pop-Geschichte erwartet. Vielleicht etwas zum Fan-Wettstreit zwischen den Beatles und den Stones, wie es zu dem ein oder anderen Bandnamen kam, wo sich Keith Richards und Mick Jagger kennengelernt haben, Insiderwissen à la „wer mit wem“ und wer „Angie“, „Roxanne“ oder „Proud Mary“ eigentlich waren.

Aber nein, schon im Vorwort schreibt Bruckmaier, dass für ihn die Geschichte der Popmusik nicht bedeutet, wer wann bei Jethro Tull Bass gespielt hat und wann die erste House-Single auf den Markt kam. Er weist süffisant auf Nachschlagewerke oder Internetrecherche hin.

Karl Bruckmaier meint es nämlich sehr viel ernster mit seiner über 1000jährigen Musikgeschichte. Er erzählt von grausamen Sklavengaleeren, auf denen nicht so viele den Willen zu überleben gehabt hätten, wenn es nicht – neben der Peitsche – auch die Trommel gegeben hätte. Wir begeben uns auf eine musikalische Reise von selbst erzeugter rhythmischer Musik aus dem Stampfen der Füße und Trommelgeräuschen, über die Erfindung des Grammophons zum Plattenspieler. Wir verstehen, warum am Ende des Ersten Weltkriegs der Jazz nach Europa kam, wieso überhaupt immer, wenn alles einfach nur grauenvoll war, Musik ganz wichtig war. Pop ist dank Internet in eine ganz neue Phase eingetreten, sagt Bruckmaier am Ende seines Buchs. Doch alle brauchen wir ihn.

Dieses Buch ist definitiv nicht leicht zu lesen. Man muss sich auf Stories einlassen, die auch bedrückend sind, man erfährt viel über Randfiguren der Musikgeschichte oder Städte wie New Orleans und Chicago – aus musikhistorischer Sicht, nicht aus touristischer. Man muss schon ein bisschen mehr mitbringen als oberflächliches Wissen oder die aktuellen Charts zu kennen, dann ist dieses Buch ein Gewinn, weil es einfach anders daherkommt als amüsant geschriebene Ereignisse der Pop-Geschichte, die eigentlich, wenn wir ehrlich sind, doch sowieso jeder schon mal gehört hat.

Karl Bruckmaier, geboren 1956, ist Moderator mehrerer wöchentlicher musikjournalistischer Sendungen beim Bayerischen Rundfunk. Er war in den 1980er Jahren als Redakteur für mehrere Sendungen beim BR tätig. Seit 1981 schreibt er Pop-Kritiken für die Süddeutsche Zeitung. Außerdem machte er sich einen Namen als Hörspielregisseur.

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Karl Bruckmaier – The Story of Pop
Heyne Verlag, 9. November 2015
Broschiert, 320 Seiten
14,99 €

 

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