Grattler, Tandler, Geld und Bier

max bronski

Gossec, Antiquitätenhändler (eigentlich eher ein Tandler) aus Sendling, brütet in einer Giesinger Bierboazn über ungelösten Problemen, und er sinniert nach zehn Bierstrichen auf seinem Bierfilzl über seine allgemeine Situation. Sein Spezl Julius, mit dem er normalerweise solche hochgeistigen Diskussionen führt, ist nicht da, und seine Quasi-Freundin Emma hat ihn sitzenlassen. Auf dem Weg nach Hause ins Schlachthofviertel schlittert er in die nächste prekäre Situation. Zwei Polizisten haben einen Schwarzen aufgehalten, dieser steht da, die erhobenen Hände an der Wand. Ist doch klar, dass da was nicht richtig läuft, Menschen anderer Hautfarbe werden bei uns ebenso wie Asylanten ungerechtfertigterweise von der Polizei aufgehalten. Schikane, was sonst? Logisch, dass er da eingreift und hilft. Es stellt sich heraus, dass dieser Schwarze gepflegtes Bayerisch spricht, und am Ende landet er zusammen mit Gossec in der Zelle.

Alois Womack und er werden Freunde. Womack ist Musikentertainer und Allroundgenie. Bei einem seiner Aufträge für eine große Immobilienfirma hilft ihm Gossec mit uriger bayerischer Deko, die er noch im Keller hatte und für gutes Geld verkaufen kann. Er fährt mit zu diesem Auftrag und lernt dort die Assistentin der Geschäftsleitung kennen. Schnell findet er sie sympathisch, und Leila vertraut sich ihm an. Denn irgendetwas ist nicht koscher in der Firma, und die Assistentin hat das herausgefunden und möchte Gossec beiseite geschaffte Unterlagen zur sicheren Verwahrung zukommen lassen. Leider kommt es nicht mehr dazu. Gossec trinkt ein paar Bierchen zu viel auf der Party, wacht auf, und seine Mitfahrgelegenheit Alois Womack ist weg. Er muss per Tram nach Sendling zurück. Am nächsten Morgen eröffnet ihm früher Polizeibesuch, dass Leila tot ist, und einen Tatverdächtigen gibt es auch schon, den schwarzen Musiker Alois W. Im ersten Moment ist Gossec wütend, dass er Leila nicht helfen konnte, und er ist enttäuscht über seine Menschenkenntnis und über Womack. Erst Pater Willibald im Kloster Gnadenstätt – bei dem er Sozialstunden abarbeiten muss seit seinem Zellenaufenthalt, die aber nicht schlimm sind, es handelt sich um Bierproben – bringt Gossec wieder auf den rechten Weg. Er soll doch nicht den Fehler machen wie alle anderen und seinen Vorurteilen freien Lauf lassen. Er soll versuchen, die Wahrheit herauszufinden. Gossec macht sich daran – aber erst nach ein paar Bieren aus der klösterlichen Versuchsbrauerei.

Die „Gossec-Krimis“ von Max Bronski (Franz-Maria Sonner, geb. 1953 in Tutzing) sind mittlerweile Kult. Auch dieses dünne Büchlein schafft es auf derbe, lustige und sozialkritische Art und Weise ein München darzustellen jenseits der Maximilianstraße und deren schicken Anwohner und Bummler aus aller Welt. Es gibt noch ein paar Ecken in München, die noch nicht gentrifiziert sind. Gossecs Laden und Wohnung in der Zenettistraße gehören dazu. Diese Krimis sind eine Empfehlung von mir für Fans von Friedrich Anis Süden und Su Turhans Zeki Demirbilek, Gossecs Nachbarn. Lesen!

Max Bronski: Der Pygmäe von Obergiesing
Verlag Antje Kunstmann (28. September 2016)
176 Seiten
15,00 Euro Taschenbuch
12,99 Euro Kindle Edition

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