Die Papakinder

Eine tote Joggerin wird aufgefunden an der Isar. Sie ist Anästhesiepflegekraft im Klinikum Großhadern. Augen- und Ohrenzeugen sind schwer zu finden bei dem Mistwetter, und die Obdachlosen, die sich dort an der Isar eingerichtet haben, wirken nicht sehr zuverlässig. Doch dann finden die Kriminalbeamten rund um ihren Chef Herrn Waechter eine Gemeinsamkeit zu einem Mord vor etwa einem Jahr. Eine junge Frau, auch eine Joggerin, wurde erstochen auf dem Steg über dem Auer Mühlbach. Es stellt sich heraus, beide Frauen waren im Krankenhaus tätig, beide Frauen lebten von ihren Männern getrennt, und beide Opfer hatten Kinder, die sie alleine betreuten. Kommissar Hannes Brandl findet heraus, dass der Exmann einer der beiden Frauen Mitglied in einem seltsamen Online-Forum war, einem „Väterforum“ sozusagen, alles Männer dort, die sich ungerecht behandelt fühlten, weil sie keinen Kontakt mehr zu ihren Kindern haben durften. Brandl meldet sich sogar mit einem Phantasie-Profil dort an, um mehr herauszufinden. Alle arbeiten Tag und Nacht an der Aufklärung des Falls, und an jedem zehrt das, an Hannes, dem jungen Vater mit wieder einem frischen Säugling zu Hause, ganz besonders. Es wird alles ein bisschen viel für ihn, und kommt es ihm nur so vor, oder schleicht da jemand um sein Haus? Hat da ein als Krampus verkleideter Mann seine kleine Tochter in der Menge von der Familie wegbewegt, oder ist er nur total übermüdet, wird er schön langsam verrückt? Man lernt die Familienverhältnisse der Mordopfer kennen, sieht in die Köpfe der Kinder und in deren Lebensumstände. Zusammengetragene Einzelheiten vervollkommnen immer mehr das Puzzle dieser Morde. Lily, die nun 16jährige Tochter Hannes Brandls, die einen Narren an Waechter, dem Chef ihres Vaters, samt seiner vermüllten Wohnung gefressen hat, gibt den Leser*innen von Anfang an einen Denkanstoß, auch wenn man nicht glauben mag, dass es so ist. Alles spitzt sich auf Brandl zu.

Natürlich sind diese Morde für die Truppe um Waechter ein Routinefall. Dennoch ist diesmal alles anders. Waechter hat wieder Hannes Brandls Tochter Lily am Hals, Brandl hadert mit Job, Frau, den Kindern und seinen Lebensverhältnissen, und Elli ist wieder einmal verliebt! Auch diesmal ist alles natürlich nicht einfach. Für mich ist das Ende dieses vierten Bandes um Waechter und seine Mitarbeiter/Freunde sozusagen ein Neuanfang. Waechter wird die unbewohnbarste Wohnung von ganz München – in die aber alle wollen – verlassen müssen, Brandl wird in Elternzeit gehen, und Amor hat mindestens einmal mit seinem Pfeil getroffen, wenn nicht sogar zweimal.

Genau wegen dieser persönlichen Geschichten und dieses München-Lokalkolorits verfolge ich Frau Neubauers Charaktere seit Jahren und freue mich auf mehr!

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Nicole Neubauer: Opferstunde
Blanvalet Taschenbuch Verlag, Vö. 21. September 2020
336 Seiten
Taschenbuch 10 Euro
eBook 8,99 Euro

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