Seine Reise durch ein Land im Krieg
Ist es pietätlos, verrückt oder waghalsig? Genau das fragte sich Stephan Orth, als er aufgrund des schwindenden Interesses der Menschen beschloss, ein Buch über die Ukraine zu schreiben. Orth ist leidenschaftlicher Couchsurfer, also jemand, der von Personen zu einer Übernachtung auf deren Couch eingeladen wird. So schrieb er einige Couchsurfing-Profile an und erhielt positive Resonanz.
Er pendelt seit 2022 immer zwischen Hamburg und Kyjiw, denn seine Freundin Julija lebt mit ihrer Familie in der ukrainischen Hauptstadt, ihr Vater ist an der Front. In seinen vorherigen Büchern reiste Orth in einem Stück durch das Land, in Couchsurfing in der Ukraine startet er immer von Kyjiw und besucht sternenförmig die verschiedenen Städte, unter anderem auch Charkiw, Saporischschja oder Odesa, Orte, die man hier bei uns nur aus den Nachrichten kennt.
Orth berichtet z.B. von einer alten Dame, die im Keller wohnt, da der Rest ihres Hauses zerbombt ist, oder einem Pärchen, das gerade einen Monat zusammen ist. Sie bitten ihn, sie bei ihrem Date zu begleiten und alles gefühlt minütlich fotografisch festzuhalten. Er berichtet von Menschen, die zwar vom Krieg traumatisiert, aber nicht bereit sind aufzugeben. Er wandert mit Polina durch die Karpaten oder lernt Wolodymyr kennen, der einen Song für den Frieden schrieb.
Couchsurfing in der Ukraine ist ein Zeitzeugenbericht, der unter die Haut geht und nachdenklich macht. Trotz der etwas düster angehauchten Passagen sind auch Schmunzler dabei, die ebenso berühren. Durch seine Beziehung zu Julija, an der er seine Leser und Leserinnen zum Teil teilhaben lässt, ist Couchsurfing in der Ukraine wohl sein bisher persönlichstes Couchsurfing-Buch.
Stephan Orth: Couchsurfing in der Ukraine
Piper Verlag / Malik, Vö. 01.08.2024
253 Seiten
18 EUR
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