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1988:
Ein Rudel junger Männer, sieben an der Zahl, zerstört auf unheimlich brutale Art und Weise ein junges Mädchen. Es wird sexuell missbraucht, gedemütigt und misshandelt, kann beinahe fliehen, entkommt seinem Schicksal aber nicht.

20 Jahre später:
Detective Max Wolfe kommt nach einer Heldentat zum Morddezernat. Gleich am ersten Tag wird er zu einem Mordfall gerufen. In einem Büro wird ein 35-jähriger Mann brutal ermordet aufgefunden, seine Kehle regelrecht zerfetzt, überall Blut, sogar auf einem Bild an der Wand, das sieben junge Männer an einer Privatschule in Militäruniform zeigt, mit Frisuren aus den 80ern, womit sie wirken wie Duran Duran. Man findet im Gebäude ein Wort, mit Blut an die Wand geschrieben: „Schwein“.


Später sieht man Wolfe im privaten Umfeld, wenn er abends zu seiner fünfjährigen Tochter Scout in die Wohnung zurückkehrt und zu Stan, dem Hund. Eine Frau und Mutter gibt es nicht. Sie haben nur sich, und das wird äußerst liebevoll beschrieben.
Schon am nächsten Tag gibt es erneut eine Leiche. Ein Schwarzer Mitte 30, obdachlos, verwahrloste Klamotten am Leib, aber dieselbe Todesursache: die Kehle vollständig durchgeschnitten. Und auch hier am Tatort: „Schwein“, in Blut geschrieben. Erster und zweiter Toter sind zwei der sieben Jungs auf dem Schulbild.
Die Presse stürzt sich auf diesen Fall, es heißt schnell, ein Serienmörder sei unterwegs. Als sich dann tatsächlich über eine soziale Plattform „Bob der Metzger“ bei der Polizei meldet, die Morde gesteht und ankündigt, er würde „alle Schweine töten“, wird die Zeit knapp. Die Ermittler erfahren sehr schnell das, was der Leser schon weiß: Die sieben Vergewaltiger am Anfang waren ihr Leben lang miteinander verbunden, und nun sind zwei von ihnen ermordet worden, und vom Rest reagiert jeder anders.
Es wird dann sehr spannend, es gibt viele verschiedene Motive und Tatverdächtige, und Max Wolfe muss einiges erleben, bis der Fall abgeschlossen ist.

Ich bin im Rahmen des Krimifestivals 2015 auf den Namen Tony Parsons gestoßen. Parsons war zunächst Musikkritiker, und das lässt er einfließen: Sein Chef trägt eine John-Lennon-Brille, die Jungs auf dem Foto haben Frisuren wie Duran Duran, und sie kommen an einem Haus vorbei, auf dessen Dach seinerzeit die Beatles ein Konzert spielten. Parsons ist ein erfolgreicher Kolumnist und Fernsehjournalist in Großbritannien, er gehört er zu den Stars der englischen Literaturszene. Er lebt – im Gegensatz zu seiner Hauptfigur – mit seiner Frau, ihrer gemeinsamen Tochter und ihrem Hund in London. Sein erster Kriminalroman versprüht viel Lokalkolorit, Lokale, Straßen, Plätze Londons werden in die Geschichte eingebaut, das macht einem London-Liebhaber große Freude. Parsons, selbst 61, schreibt aus der Ich-Perspektive seines Protagonisten, der ebenso wie die sieben anderen männlichen Haupt-Charaktere in seinen 30ern ist. Das gelingt ihm vorzüglich. Nur, wie ist man bei der Übersetzung des Titels auf „Mein finsteres Herz“ gekommen? „Hinter der Schweinezunge“ hätte besser gepasst, oder ganz einfach der englische Titel ins Deutsche übersetzt: „Murder Bag“.

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Tony Parsons: Dein finsteres Herz
Bastei Lübbe TB
384 Seiten, 14,99 Euro
Ersterscheinung 18. Dezember 2014
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