Eine Reise ins dunkle Herz der Nacht

Moers_WRode_LPrinzessin_Insomnia__v2_179773Prinzessin Dylia hat die seltenste und seltsamste Krankheit in ganz Zamonien – chronische und unheilbare Schlaflosigkeit. Über Tage und Wochen bekommt sie kein Auge zu und wandelt nachts durchs Schloss, allein mit sich und ihren Gedanken. Ein ganzes Bataillon Hofärzte und Alchemisten hat sich bereits die Zähne an ihrem Fall ausgebissen, doch wenn die Krankheit einmal zuschlägt, kann nichts und niemand „Prinzessin Insomnia“, wie sie sich zynisch selbst nennt, zum Einschlafen bringen. Doch pragmatisch und grundoptimistisch wie Dylia nun mal ist, hat sie sich über die Jahre damit abgefunden und so gut es eben geht mit ihrem Zustand arrangiert. Doch ihre Routine wird durcheinandergebracht, als sie eines Nachts einen vielfarbigen, hässlichen Gnom in ihrem Schlafgemach vorfindet, der sich als Haravius Opal vorstellt, ihr persönlicher Nachtmahr, und der ankündigt, sie nun in den Wahnsinn zu treiben. Und die Reise in den Irrsinn beginnt mit einer Reise in Dylias eigenen Geist – ganz wortwörtlich.

Mit Prinzessin Insomnia und der alptraumfarbene Nachtmahr nimmt Walter Moers uns einmal wieder mit ins wunderbare Zamonien, das so ganz anders ist als unsere Welt, aber dann doch ganz ähnlich, jedenfalls ganz einmalig und herrlich verrückt.

Prinzessin Dylia, obwohl altklug und viel zu erwachsen für ihr Alter, ist eine außerordentlich sympathische Heldin, die in ihrer Isolation eine ganz eigene Form von Weisheit entwickelt hat, gepaart mit unendlichem Optimismus und Selbstbewusstsein. Sie weiß sehr wohl, dass sie etwas wunderlich ist, und findet sich nicht nur damit ab, sondern zelebriert es geradezu. Doch die ganze Tiefe ihres Charakters wird ihr selbst erst im Laufe der Geschichte bewusst.

Wie immer beweist Moers sein herrliches Sprachgefühl, das mich schon in Die Stadt der träumenden Bücher so berührt hat. Die Geschichte selbst, so farbenfroh und fantastisch sie auch ist, spielt teilweise nur die Nebenrolle zu dieser Äußerung der Liebe zur Sprache an sich. Dazu kommt natürlich der Moerssche Humor mit viel Ironie und kleinen Seitenhieben gegen das Erwachsenendasein und all seine Schikanen. Und zum Ende hin bekommt Prinzessin Insomnia und der alptraumfarbene Nachtmahr dann noch eine ganz tiefe, gefühlvolle und melancholische Note, die den Leser fast ein wenig traurig zurücklässt.

Wer Walter Moers liebt, für den ist auch Prinzessin Insomnia und der alptraumfarbene Nachtmahr ein absolutes Muss, und für alle, die noch nichts von ihm gelesen haben, wäre es eine wunderschöne Einsteigergeschichte ins zauberhafte Zamonien. Eine Empfehlung allerdings – am besten als „richtiges“ Buch kaufen, da im eBook Format die liebevollen Illustrationen und Formatierungen leider verloren gehen. Und noch eine Empfehlung: unbedingt das Nachwort lesen, um sich die Hintergründe dieser wunderbaren Geschichte bewusst zu machen.

:lesen: :lesen: :lesen: :lesen: :lesen:

Walter Moers: Prinzessin Insomnia und der alptraumfarbene Nachtmahr
Knaus Verlag, August 2017
Hardcover, 344 Seiten
€ 24,99
ebook: € 19,99

(2202)