Krach aus Japan made in Sweden

Paranoid_CoverWenn man die Kanji sieht, die japanischen Schriftzeichen, hält man 偏執症者 (Paranoid) automatisch erst einmal für eine dieser obskuren japanischen Krachbands. Umso überraschter bin ich, dass die Mitglieder aus Frösön am schwedischen Östersund stammen und vorher in Bands wie Mob 47, Brottskod 11 und den legendären Warvictims gespielt haben. Henrik Låsgårdh spielt die Gitarre und Joakim Staaf-Sylsjö den Bass, außerdem teilen sie sich den Gesang. Drummer Emil Bergslid vervollständigt das Trio, das Crust Punk/D-Beat mit metallischem Einfluss spielt und sich außerdem von japanischem Hardcore beinflusst zeigt, was dann auch die Schriftzeichen erklärt. Nach dem Debütalbum Satyagraha erscheint nun das zweite Album Heavy Mental Fuck-Up!. Da im hiesigen Kulturkreis aber nur die wenigsten Kanji lesen können, gibt es die Liedtitel zum Glück in lateinischen Buchstaben.

Nach einem nur kurzen Intro wird das Riffmonster „Jikeidan“ von der Leine gelassen, das von Thrash Metal und Crust Punk gezeugt worden ist. Die erste Hälfte ist mehr dem Thrash, die zweite Hälfte mehr dem Crust zugewandt. Der Gesang ist rau, ohne aber in Geschrei oder Gebrüll abzudriften, wie auch beim folgenden Song „Syuugeki“. Trotz aller Brachialität kann man hier aber auch feine Melodien erkennen. Nach einem ausgedehnten Rückkopplungspfeifen treffen einen die Riffs von „Shinryaku Kitareri“ mit voller Breitseite, und der D-Beat kloppt die Reste weg. Aber es gibt hier auch ein kleines Solo, das den Song auflockert. Ähnlich rollt auch „Fukurokouji“ über einen hinweg, nachdem die Riffs zu Beginn des Songs den Kopf in Schwingungen versetzt haben. Das folgende „Daigyakusatsu“ ist etwas gemächlicher und im Mid-Tempo angesiedelt, sofern man davon sprechen kann, denn es fühlt sich nicht wie Mid-Tempo an.
„Jikangire“ ist mit seiner auffälligen Melodieführung und der Tempovariation wohl der eingängigste Song. Trotzdem tropft hier die Wut, vor allem beim Refrain. Motörhead klingen bei „Fukusyuu“ durch, was nicht weiter verwundert, denn zu Anfangszeiten des Crust Punk sind sie ein wichtiger Einfluss der ersten Bands gewesen. Nur wenig Gesang gibg es bei „Youshanaki Satsuriku“, hier überwiegen eindeutig die etwas weniger heftigen Instrumentalparts. Dafür gibt es bei „Arashi No Me“ wieder fette Riffs, die schon sehr ins Metallische gehen. Zum Abschluss bietet „Shi Ni Itarumade“ eine schöne Rhythmussektion, die einen noch einmal in Bewegung versetzt, bevor das Album nach einem Break langsam ausklingt.
Die nächsten beiden Tracks sind als Bonus auf der CD enthalten. Wie ein D-Zug sitzt „Shirarezaru Mon“ auf der Spur und lässt sich nicht aufhalten, auch von leicht psychedelischen Einsprengseln seitens der Gitarre nicht. Das ändert sich auch bei „Yogen“ nicht, trotz kurzer ruhiger Zwischenparts mit den Drums.

Fazit: 偏執症者 (PARANOID) integrieren in ihre Version von Crust Punk nicht nur den dafür typischen D-Beat Marke Discharge, sondern auch mehr metallische Einflüsse der frühen achtziger Jahre, vor allem Celtic Frost und Sodom seien hier genannt. Auf Heavy Mental Fuck-Up! verschmilzt die rohe Gewalt von Venom mit der rohen Energie von Crust Punk und japanischem Hardcore, wodurch sich das Alleinstellungsmerkmal von 偏執症者 (PARANOID) ergibt. Fans der Genres sollten hier unbedingt reinhören, es lohnt sich. 偏執症者 (PARANOID) bringen den Putz zum Bröckeln, und genau das braucht meine derzeit extrem schlechte Laune.

Anspieltipps: Jikeidan, Jikangire, Arashi No Me
:mosch: :mosch: :mosch: :mosch: :mosch:

偏執症者 (Paranoid) – Heavy Mental Fuck-Up!
The Sign Records, VÖ: 28.09.2018
CD 12,20 €, LP 15,10 erhältlich über The Sign Records
MP3 Download 80 SEK, erhältlich über Bandcamp
Homepage: https://www.facebook.com/pndftw
http://www.pndftw.com
http://thesignrecords.com

Tracklist:
01 Jikeidan
02 Syuugeki
03 Shinryaku Kitareri
04 Fukurokouji
05 Daigyakusatsu
06 Jikangire
07 Fukusyuu
08 Youshanaki Satsuriku
09 Arashi No Me
10 Shi Ni Itarumade
11 Shirarezaru Mon (CD Bonus Track)
12 Yogen (CD Bonus Track)

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