Das Space-Abenteuer geht weiter

Davids-Phalanx-Psychedelic-CoverEs ist noch gar nicht so lange her, da haben die guten Freunde Andreas Davids (xotox, Natura Est) und Sven Phalanx (Schattenspiel, Schwarzwald) mit ihrem ersten gemeinsamen Album Broken galaxies auf sich aufmerksam gemacht. Eine entspannte und gleichzeitig hochspannende elektronische Reise durchs All, an deren Ende man unbedingt wissen wollte, wie es weitergeht.
Das haben sich Andreas und Sven zu Herzen genommen und gleich fleißig weitergewerkelt. Anfang Mai dieses Jahres war es dann so weit, A psychedelic trip into space erblickte das Licht der unendlichen Weiten. Das intergalaktische Duo führt uns auf seinem zweiten Weltraumabenteuer an den Planeten unseres Sonnensystems entlang, und ich bin gespannt, in welche Klangbilder Venus, Mars oder Saturn gefasst sind. Ready for takeoff?

Ready for takeoff! Das Intro setzt die fiebrige Energie des Aufbruchs perfekt um, das ungeduldige Warten, bis es endlich losgeht. Die Maschinen starten, die Lichter gehen an, das Abenteuer beginnt. Erste Station der elektronischen Reise ist der Merkur, der innerste unserer Planeten, der der Sonne am nächsten und daher schwer zu erforschen ist. Sanfte, flirrende Töne, eine Männerstimme erklärt: „Die Oberfläche des Merkur ist ein Schlüssel zur Geschichte unseres Sonnensystems.“ Man weiß noch recht wenig über den Planeten, seinen geologischen Aufbau, die Krater auf seiner Oberfläche, und genauso vage und rätselhaft bleibt der Song. Die Melodieschleifen nähern sich dem Planeten an, drehen wieder ab, nähern sich erneut an.
„Die Venus, der verschleierte Planet – von Dunst und Rauch und einer erdrückenden Atmosphäre aus Kohlendioxid erstickt“, so beschreibt die Erzählerstimme den 480 Grad Celsius heißen Planeten. Der Sound wird parallel dazu dichter, klaustrophobischer, treibender, bleibt allerdings auf diesem Level, steigert sich nicht weiter. Mit der Venus verbindet man gemeinhin viel – zum Beispiel die römische Liebesgöttin, deren Symbol als das internationale Symbol für Frauen verwendet wird. Nimmt der Songtitel „Venus (is for the girls)“ vielleicht darauf Bezug? Der Song bleibt in dieser Hinsicht wie der Planet: „Die Venus hält viele Geheimnisse verborgen.“
Mutter Erde ist unsere nächste Station, die Erzählerstimme teilt uns mit: „Dieser himmlische Saphir ist unsere Heimat. Der dritte Planet der Sonne, der erste mit einem Mond.“ Ruhige, meditative Ambientsounds begleiten den Erzähler, wie ein Flug über den Planeten, die Meere und weiten Landschaften. Erst am Ende des Songs durchbrechen Interferenzen die Atmosphäre: Eine Überleitung zum hektischen, aggressiven Mars (macht, wie wir Hörer*innen eines gewissen Alters wissen, mobil, bei Arbeit, Sport und Spiel – der Song vielleicht auch?). Nach dem harschen Anfang kehren auch hier ruhige, meditative Soundschleifen ein, die uns – von einer weiblichen Erzählerstimme getragen – zum Jupiter bringen, dem größten Planeten des Sonnensystems. Entgegen dem Titelzusatz „Element – Feuer“ beginnt die Jupiterreise extrem ruhig, sanft lodernd und bleibt bis auf vereinzeltes Feuerknistern unverändert. Auch hier begleitet uns die männliche Erzählerstimme mit Informationen zum Jupiter.
Der Saturn ist der zweitgrößte Planet unseres Sonnensystems und vor allem durch sein Ringsystem bekannt, die Ringe des Saturn. Auf diesen Ringen scheint auch der Song um den Saturn zu kreisen, während uns ein englischer Kommentator Informationen zum Saturn mitgibt. „Uranus (Voyager 2)“ beginnt sehr zurückgenommen, gibt der amerikanischen Sprecherin viel Raum. Der Uranus – von dem wir seit Mitte der Achtziger durch die Raumsonde Voyager 2 Bildmaterial haben – wird auch Eisriese genannt, und genauso unterkühlt klingt der Song auf der Reise durch seine Geologie und Geschichte.
Der Neptun – ebenfalls ein Eisriese – wirkt bedrohlich, düster, dissonant, er liegt am äußersten Rand unseres Sonnensystems, und auch von ihm hat uns Voyager 2 Bildmaterial geliefert. Der Zusatztitel „Herbsthimmel“ bezeichnet übrigens den Teil des Sternenhimmels, der an klaren Herbstabenden zu sehen ist – Sternbilder, Nebel und auch Planeten.
Der Pluto ist der größte Zwergplanet, der um unsere Sonne kreist. Mehrere Erzählerstimmen schaffen in Kombination mit den Ambient-Sounds eine bedrohliche, alarmierende – verlorene – Atmosphäre.
Das Doppelsternsystem Alpha Centauri ist die letzte Station auf dieser intergalaktischen Reise und wie schon das Intro rein instrumental. Hier ist mehr Raum für vielschichtige, etwas abwechslungsreichere Sounds, ein schöner Abschluss der intergalaktischen Reise.

A psychedelic trip into space ist vor allem ein lehrreiches Album. Es wirkt in weiten Teilen wie eine Mischung aus Hörspiel, Dokumentation und Instrumentalalbum und ist daher schwer zu beschreiben – es ist definitiv etwas ganz Eigenes. Rein musikalisch fand ich Broken galaxies spannender und mehr auf den Punkt gebracht, dafür ist der informative Aspekt durch die Sprachsamples hier natürlich eine neue und interessante Komponente. Die meist sehr ruhigen, ambient-artigen Sounds bilden das Gerüst und den Unterbau, stechen selbst aber nicht so markant hervor. Meine persönliche Kopfreise ins All war beim Vorgängeralbum stärker ausgeprägt, hier war ich beim Hören – so paradox das gerade klingen mag – geerdeter. Doch das Album hat definitiv genug (Welt)Raum für vielfältige Emotionen und Assoziationen, und natürlich kann man es auch einfach nur entspannt anhören und sich von den Sounds und Stimmen forttragen lassen (und nicht wie ich gleich den Planeten hinterherrecherchieren).

Anspieltipp: Erde, Uranus

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Andreas Davids & Sven Phalanx: A psychedelic trip into space
Infacted Recordings, 7. Mai 2021
Länge: 50 Minuten
Kaufen: € 8,99 (digital) bei Infacted Recordings/Bandcamp 

Trackliste:
1. Ready for takeoff (Intro)
2. Merkur (Inner planet)
3. Venus (is for the girls)
4. Erde (Mother earth)
5. Mars (macht mobil)
6. Jupiter (Element – Feuer)
7. Saturn (Rings of Saturn)
8. Uranus (Voyager 2)
9. Neptun (Herbsthimmel)
10. Pluto (The lost planet)
11. Alpha Centauri (Outro)

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