Weckruf: „Here are the dead“

Um den Jahrtausendwechsel gab es ein großes Batcave und Deathrock Revival, allen voran mit Cinema Strange und Antiworld. Doch auch Bloody Dead And Sexy gehörten zur Speerspitze der Vorreiter und räumten so manches Festival ab. Acht Jahre nach ihrem letzten Album Bad Ambient melden sich Bloody Dead And Sexy zurück, mit Sänger Rosa Iahn, Drummer Björn Henningson, dem Gitarristen Matias 13 und Bassist Tim Schande. Wer hätte damit noch gerechnet. Gerade in diesem Schnittmengen-Bereich von Batcave und Deathrock ist in den letzten Jahren wenig passiert, und es schien, als sei das Genre eingeschlafen. Nun aber ist das fünfte Album Fade to glitter über Alice in… / Dark Dimensions Label Group erschienen, und das gibt Anlass zur Hoffnung, dass dieses zusammen mit den kürzlich vorgestellten Götterdämmerung (Link zur Review) ein Weckruf sein möge.

Gleich mit „Killing Rosa“ geht es flott nach vorn, und dieses gute alte Deathrock-Gefühl ist direkt wieder da. Ich erwische mich selbst plötzlich unwillkürlich beim Tanzen, ohne dass ich das vorher bemerkt habe. Rein musikalisch betrachtet wird es mit „Maya“ etwas ruhiger, und es geht mehr in Richtung Gothic. Der spezielle Batcave-Kick ist trotzdem da dank dem Gesang von Rosa. Der ist auch in „Their house“ sehr ausgeprägt, außerdem erzeugt der tief tönende Bass eine besonders dichte Atmosphäre. Etwas verhaltener geht es bei „Little maniac“ zu, das energiemäßig quasi den Übergang zum nächsten Stück bildet. „Twenty-twenty“ beginnt recht verträumt mit einem sanften Gitarrenspiel und behält diese Stimmung eigentlich bei. Wenn, ja wenn da nicht dieser Gesang wäre, dessen gewollt schräger Unterton ein leichtes Unbehagen auslöst.
In „Ghost perfume“ hinterlegt ein breiter Sound den teils geflüsterten Sprechgesang von Rosa, der aber auch dramatisch wird, wenn es heißt: „Here are the dead, here are the dead!“ Die wie galoppierend wirkende Gitarre in „Room 666“ sorgt für den richtigen Drive bei diesem Deathrock-Song, und der Gesang setzt dem Ganzen die Krone auf. Das Spektrum reicht hier von mystisch bis abgedreht krank. Außerdem fühle ich mich latent an „The charge“ von New Model Army erinnert. Bloody Dead And Sexy haben genre-fremde Einflüsse ja noch nie gescheut, dennoch finde ich diesen KingDude-Vibe in „Black autumn song“ richtig überraschend. Dark Folk, echt jetzt? Aber das kommt dafür auch richtig gut rüber, schön gemacht. Mit „Frequency“ kehrt der Batcave zurück, und die Stimmung wirkt manisch und getrieben. Der Schluss- und Titeltrack „Fade to glitter“ verbreitet auf fast sechs Minuten die staubige Atmosphäre von Fields of the Nephilim, und trotzdem hätte ich noch länger in dieser Sound-Landschaft verweilen können.

Fazit: Bloody Dead And Sexy besinnen sich mit Fade to glitter deutlich auf ihre Wurzeln. Sie verzichten auf große Studioexperimente und konzentrieren sich auf das Wesentliche, das die Faszination dieser Musikrichtung ausmacht. Das Album klingt pur und unverfälscht, und so macht die Kombi Batcave-Deathrock wieder richtig Spaß. Der einzige kleine Wermutstropfen, der meinem zugegeben rein persönlichen Geschmack entspringt, Fade to glitter scheint mir insgesamt etwas zu gefällig. Hier und da hätte es durchaus noch etwas schräger und sperriger sein können. Und dennoch, lasst dies ein Weckruf sein, und schüttelt euer (un)totes Gebein.

Anspieltipps: Room 666, Black autumn song

:mosch: :mosch: :mosch: :mosch: :mosch2:

Bloody Dead And Sexy: Fade to glitter
Alice in… / Dark Dimensions Label Group, Vö. 23.09.2022
MP3 8,80 €, CD 14,90 €, LP 24,90 € erhältlich über Bandcamp

Homepage: https://bloodydeadandsexy.de/
https://www.facebook.com/bloodydeadandsexy
http://www.darkdimensions.de/
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Tracklist:
01 Killing Rosa
02 Maya
03 Their house
04 Little maniac
05 Twenty-twenty
06 Ghost perfume
07 Room 666
08 Black autumn song
09 Frequency
10 Fade to glitter

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