No Place for Hope

Schweden ist bekanntlich ein führendes Land auf der Metal-Landkarte. Dieses Land kann aber auch anders! Schweden besitzt eine weit zurückgehende Doom bzw. Melancholic Metal Historie. Man denke an Acts wie Katatonia, Lake of Tears oder auch die göttlichen Tristitia. Seit Ihrer Gründung im Jahre 1994 sind Draconian definitiv in einem Satz mit eben jenen Bands zu nennen. Ihr Album Sovran (hier entlang) erschien vor fünf Jahren, diese Zeit hat sich jedoch sehr positiv auf ihr vor wenigen Tagen erschienenes neues Album Under a godless veil ausgewirkt. Ich mag Doom mit Gothic Einschlag und einem heavenly Voices Gesang, und so war ich total gespannt, ob mich das neue Material genauso catched wie ihre Vorgänger.

Wer Draconian zu seinen favorisierten Acts zählt, der weiss, was er bekommt. Die Stimmung, die sich wie der Gesang einer Sirene in die Synapsen legt und für die Länge des Albums alles andere um einen herum unwichtig werden lässt. Knapp 63 Minuten lang bekommt man feinsten Doom/Gothic/Atmospheric Metal auf die Ohren. Wer die Vorgänger kennt weiß, dass am Anfang eines jeden Albums eine wahrlich atmosphärische Nummer plaziert wird, frei nach dem Motto „Was funktioniert wird nicht geändert“ gibt es auch hier mit „Sorrow of Sophia“ eine wunderschöne Nummer, bei der es keine drei Sekunden dauert bis man sich im Universum von Draconian befindet. Sehnsuchtsvolle, verzweifelte Growls in Kombination mit herrlich liebgewonnenen Riffs, die an Katatonia zu Zeiten von Discouraged Ones und Tonight’s Decision erinnern. Jedoch thront die weibliche Vocalistin Heike Langhans über allem. Meiner Meinung nach trägt sie einen großen Teil dazu bei, Draconian einzigartig zu machen. „The sacrificial flame“ zeigt die Formation zu Beginn mehr am klassischen schweren Doom Metal orientiert, was ihnen sehr gut steht. Im weiteren Verlauf fühle ich mich manchmal an My Dying Bride erinnert. Später schleicht sich noch der Gothic Touch hinzu, und das Stück mündet in etwas, das ich fast als Marche Funebre Metal bezeichnen möchte. Eindringlich ist gar kein Ausdrück für dieses Od! „Lustrous heart“ wurde bereits im Vorfeld als Single und Appetitizer veröffentlich und fand wohlgefallen bei vielen Hörern, so auch bei mir. Ein Song, der dazu verleitet, die Repeat Taste zu betätigen sobald er zu Ende ist. „Sleepwalkers“ ist eines der Lieder der letzten Dekade für mich. Episch, erdrückend, melodisch melancholisch und doch gespenstisch kriecht jede Note direkt ins Schwarze. Man möchte sich verlieren, ähnlich wie in „Morphine cloud“ oder „Death, come near me“. „Moon over Sabaoth“ hebt die Death Metal Einflüsse hervor. Während die Vocals sehr Oldschool growlen und mit einem Black Sabbath Riff als Lead fusionieren, kulminiert das Ganze mit dem Gesang von Heike Langhans im Refrain und mutiert zu einer alles erdrückenden, zur Musik gewordenen Trauerweide. Vertonte Trostlosigkeit in absolut vollendeter Form. Etwas außergewöhnlich wird es in „Burial Fields“. Sehr treffend versetzt einem dieses ohne großartig viele, um nicht zu sagen fast gar keine Metal Elemente auskommende Stück auf eben jene im Titel beschriebenen Beerdigungsfelder. Vor Augen hat man ein ewiges Feld, auf dem sich viele Gräber erstrecken. Umhüllt von Nebel und hie und da mal eine Krähe. Das Gefühl von innerlicher Schwere im Gewand von lieblich traurigem Dream Pop. „The Sethian“ reiht sich nahtlos an alle anderen Tracks. Energisch und vorantreibend steigert sich der Song zu einem richtigen Power Track. Ideal für Live Auftritte! „Claw marks on the throne“ würde alleine schon als Grund ausreichen, sich dieses Meisterwerk zu kaufen. Fantastisch wie hier zwischen dem Ur-Doom und modernen Gothic Doom Metal hin und her variiert wird. Am Ende des Stückes möchte man am liebsten zerfließen, so mitnehmend ist es. „Night visitor“ ist das am meisten auf Heike Langhans zugeschnittene Stück. Der Titel ist nur von ihrem wohlklingenden Timbre getragen und versprüht den Hauch von Patchouli und alten Gemäuern oder mit Moos verhangenen Wäldern. Perfekter kann man Melodic Doom Metal nicht spielen. Das an letzter Stelle stehende „Ascent into darkness“ stellt unter Beweis, warum Draconian die hohe Stellung innehaben. Ein schwerer, walzender Rythmus in Kombination mit einer mächtigen Gitarrenwand, die auch als solche hörbar ist. Growls und Heike Langhans, Herz was willst du mehr?

Fazit: Diese Review zu schreiben ohne Superlative zu verwenden ist in Verbindung mit Draconian unmöglich. Eine Band, die es schafft von Album zu Album perfekter zu werden und ihren Sound bis in die letzen Ecken zu verfeinern. Es gibt nicht mehr viele Alben, die man hört und die es vermögen, den Hörer nach wenigen Sekunden in den Bann zu ziehen, Under a godless veil ist jedoch so eines. Die Melodien sind herrlich trist und versprühen den feuchten Moder von Hoffnungslosigkeit. Das ist des Rezensenten liebster Duft, was Musik angeht. Für Fans von Shape of Despair, Swallow the Sun, Lethian Dreams und nicht zu vergessen My Dying Bride. Wir haben ja Herbst, da paßt das Album eh gut!

Draconian: Under a godless veil
Napalm Records, VÖ. 30.10.2020
15,99 € Nuclear Blast

Tracklist
1 Sorrow of Sophia
2 The sacrificial flame
3 Lustrous heart
4 Sleepwalkers
5 Moon over Sabaoth
6 Burial fields
7 The sethian
8 Claw marks on the throne
9 Night visitor
10 Ascent into darkness

Facebook: https://www.facebook.com/draconianofficial
Band: https://draconianofficial.com/

 

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