Süßer die Glocken nie klingen

DREAD_SOVEREIGN_van209Dread Sovereign wurden 2013 in Dublin gegründet. Bisher wurden die EP Pray to the Devil in Man und das erste Album All Hell’s Martyrs veröffentlicht. Das Nebenprojekt von Primordials Sänger Alan Averill, besser bekannt als Nemtheanga, geht nun mit For doom the bell tolls in die zweite Longplayer-Runde. Bei Dread Sovereign bedient er zusätzlich den Bass, die weiteren Mitstreiter sind Dubh Sol, der auch bei Primordial Schlagzeug spielt, und Bones an der Gitarre, der außerdem bei Wizards of Firetop Mountain aktiv ist. Zusammen bilden sie ein unheiliges Dreigestirn, das sich nicht von Genregrenzen einengen lässt. Das fängt schon bei den Albumcovern an. Kein typischer Metalband-Schriftzug, und im aktuellen Fall dazu eine düstere Hinrichtungsszene, die aus einem alten Holzschnitt von Albrecht Dürer stammen könnte. Auch die angegebenen Songlängen sind ungewöhnlich und alles andere als radiokompatibel, und ein Strophe-Refrain-Strophe-Schema sucht man vergebens.

Das titelgebende „For doom the bell tolls“ eröffnet das Album mit einer atmosphärischen Soundcollage, bei der einzelne Glockenschläge zu hören sind. Es dient als Intro und bereitet die Grundstimmung für das epische und dreizehn Minuten lange „Twelve bells toll in Salem“. Dieses beginnt mit getragenem Gesang, der durch Doom-Klänge in seiner Wirkung unterstützt wird. Auch wenn der Gesang zwischendurch klagende Höhen erreicht, bleibt die Stimmung durch das schleppende Schlagzeug stets düster. Wenn man nach der Hälfte meint, der Song geht zu Ende, lebt dieser noch einmal auf, wenn auch nur instrumental. Dennoch kann man sich darin verlieren, mit geschlossenen Augen mit dem Kopf wippen und die Zeit vergessen. Der Song endet mit einem ewig langen Sound, als ob die Saiteninstrumente einfach klingenderweise an den Verstärker gelehnt wurden, dazu gibt es einzelne Glockenschläge aus Salem, oder vielleicht eher aus St. Vitus.
Beim folgenden „This world is doomed“ klingt Nemtheanga anfangs mit dem etwas dreckigen Gesang überraschend ein bisschen wie der junge James Hetfield von Metallica, auch das Gitarrenriff hat Thrash-Anleihen. Doch dann wechselt der Song die Richtung und klingt vom Gesang her mehr nach Primordial, musikalisch erinnert er jedoch an Cirith Ungol, dazu kommt ein expressives Schlagzeug. In der zweiten Hälfte wird der Song ruhiger und wird von Geräuschkollagen dominiert, bevor Doom-Elemente hinzukommen. „Draped in sepulchral fog“ ist ein rein akustischer Track. Dominierend ist eine Art heulendes Windgeräusch, aus dem heraus wie halb vom Nebel verschluckt wieder einzelne Glockenschläge zu hören sind.
Bis der Gesang einsetzt, verbreitet „The spines of saturn“ eine tolle gothische Atmosphäre. Der Gesang passt nicht zum Gothic Rock, denn er ist eine Art Klargesang, der mit einem Halleffekt versehen ist und ein bisschen klingt wie durch Wasser hindurch aufgenommen. Insgesamt ist der Song sehr experimentell. Trotz des treibenden Schlagzeugs im Hintergrund ist die Stimmung eher getragen, und der Bass scheint phasenweise das Glockenspiel zu imitieren. Ganz im Gegensatz dazu steht „Live like an angel, die like a devil“. Ein Cover von Venom, das im Kasten rumpelt, ähnlich wie das Original. Die Aufnahme ist rauh und lehnt sich an die Demo-Soundqualität an, ist aber natürlich besser abgemischt. Aber während ich bei Venom deutlich mehr Rock ’n‘ Roll heraushören kann, der aufgrund des Tempos bestens zu einer Psychobilly-Band passen würde, dominiert bei Dread Sovereign eindeutig die Metal-Kante, trotz des 70er Jahre Feeling verbreitende Wah-Wah der Gitarre zwischendurch.

Fazit: Auch wenn das dramatische Element der Hauptband Primordial immer mal wieder durchklingt, machen Dread Sovereign dennoch einen ureigenen und z. T. experimentellen Sound, der es in sich hat, und auf den man sich einlassen muss. Eigentlich muss man For doom the bell tolls in einem Rutsch durchhören, damit es seine volle Wirkung entfalten kann.
Fans von Primordial sollten ebenso unbedingt reinhören wie Oldschool- und Doomanhänger. Die genannten Einflüsse von Venom, Saint Vitus und Cirith Ungol sprechen für sich. Aber auch Fans von Fields of the Nephilim könnten ein Ohr riskieren, da es zwar nicht musikalisch, aber von der erzeugten Stimmung her teilwiese deutliche Parallelen gibt. Definitiv ein Highlight des noch jungen Jahres.
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Anspieltips: Twelve bells toll in Salem, The spines of saturn

Dread Sovereign: For doom the bell tolls
Ván Records, 03.03.2017
CD 14,99 €, LP 22,99 €, erhältlich über emp.de/

Homepage: facebook.com/DreadSovereign/
dreadsovereign.bandcamp.com/
https://www.van-records.de/

Tracklist:
01 For doom the bell tolls
02 Twelve bells toll in Salem
03 This world is doomed
04 Draped in sepulchral fog
05 The spines of saturn
06 Live like an angel, die like a devil (Venom cover)

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