Von Soljanka zu Kartoffelsuppe

Embersland, die mir vor einem Jahr mit ihrem Debütalbum Sunrise (Review) den Metal-Horizont gen Spanien erweitert haben, haben gerade ihr zweites Album herausgebracht. Die Scheibe heißt Dark Ages – ein deutlicher Kontrast zum Vorgänger – und neben dem männlichen Gesang dürfen wir uns diesmal auf weibliche Unterstützung freuen. Das macht neugierig.


Dark Ages knüpft mit dem ersten Track „Sunrise (Part II)“ nahtlos an das Ende von Sunrise an und stellt auch gleich die neue Sängerin May vor. Dieses neue Element rückt Embersland näher an das Beauty and the Beast-Schema heran, das Bands wie Epica und Leaves‘ Eyes geprägt haben. Ihre Stimme ist angenehm, und die Dame weiß zweifellos, was sie da tut, aber ihr fehlt ein wenig die Einzigartigkeit einer Simone Simons oder einer Liv Kristine. Das Stück selbst ist mit seinen neun Minuten ziemlich lang, aber abwechslungsreich genug, um nicht langweilig zu werden. Bloß ein wenig mehr Zusammenhang zwischen den einzelnen Teilen wäre schön gewesen. „Sunrise (Part II)“ endet ganz im Stile von „Sunrise (Part I)“: packend, heroisch und hohe Erwartungen an die folgenden Tracks weckend.
„Closer“ bricht dann leider etwas ein – der Song geht auch beim mehrmaligen Anhören leider einfach an mir vorbei. Schnell weiterschalten zu „Hope“, das mit einem großartigen Instrumental punkten kann.
„Where are you“ fängt mit einem großartigen Intro an, rutscht dann aber irgendwie in eine schmalzige 0815 Goth-Rock Nummer ab, da helfen auch plötzliche Taktart-Wechsel nichts mehr.
Und so geht es leider vielen anderen Stücken des Albums auch: Fast jedes hat seinen großen Moment, ein tolles Intro, ein geniales Instrumental oder einen packenden Refrain. Insbesondere „Deadweight“ reißt den Hörer mit, aber auch „Hope“ und „When I die“ haben wirklich geniale Parts. Aber irgendwie verschwinden diese Momente dann in einem zwar gut gemachten aber sehr einheitlichen Grundsound.
Generell ist der Sound, vor allem der des Drumsets, nicht ganz nach meinem Geschmack. Banal ausgedrückt fehlen mir schlicht die Eier. Die Drums klingen ein wenig nach Plasik (oder gar nach Sample?), die Gitarren ein wenig nach Blech. Das ist zwar Meckern auf hohem Niveau, aber ein besserer Mix hätte diesem Album definitiv gut getan.Das Debüt von Embersland, Sunrise, konnte bei mir vor allem durch die skrupellose Mischung verschiedenster Spielarten des Metal punkten, was ich als die große Stärke von Embersland empfunden hatte – das, was die Band aus dem Einheitsbrei des Melodic Metal heraushebt. Dark Ages ist zwar ebenfalls abwechslungsreich, aber der generelle Sound verengt sich zunehmend auf einen gut gemachten Melodic Metal mit Power Metal Anklängen. Das ist schon immer noch gut anhörbar, es sind auch zweifellos tolle Stücke auf dem Album, aber meiner Meinung nach haben Embersland ihre größte Stärke, die musikalische Vielfalt, ein wenig verschenkt und laufen damit Gefahr, in den Untiefen des 0815-Metal zu verschwinden. Nicht, dass mir Kartoffelsuppe nicht schmeckt, aber die Soljanka war einfach interessanter. Das nächste Album darf gern wieder etwas wilder gemischt sein, insbesondere mit der weiblichen Unterstützung der Vocals hat das viel Potential, aber Dark Ages hat meine zugegebenermaßen hohen Erwartungen etwas enttäuscht.

 :mosch: :mosch: :mosch: :mosch2: :mosch2:

Anspieltipp: Hope, Deadweight

Embersland – Dark Ages (2015)
Kostenloser Download: http://www.embersland.com/

Tracklist:
01. Sunrise Pt. II
02. Closer
03. Hope
04. WTF…Fuck Off!
05. Where are you
06. The Mirror of your Soul
07. Deadweight
08. Be there for me
09. When I die

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