Sumerische Heldenepen

Eridu-Lugalbanda-CoverEridu ist nicht nur die vielleicht älteste sumerische Stadt in Süd-Mesopotamien (heutiges Süd-Irak), sondern auch die neue Band von Emanuel Enki , den aufmerksame Beobachter der Münchner Metalszene schon von seiner früheren Band Gilgamesh kennen dürften. Gilgamesh hatte sich mit dem Album The Awakening und diversen Live-Auftritten (u. a. auf dem Dark Easter 2017) einen hervorragenden Ruf erspielt, umso überraschender kam dann der Split. Jetzt melden sich Eridu mit in Eigenregie veröffentlichtem Debütalbum zurück, das inhaltlich und musikalisch an die Vorgängerband anknüpfen soll. Begeben wir uns also weit, weit zurück in die Zeit der Sumerer.
Das inhaltliche und textliche Konzept von Lugalbanda bezieht sich auf den gleichnamigen zweiten (Gott-)König von Uruk, dessen Existenz nicht völlig gesichert ist, der aber immerhin die Hauptperson zweier sumerischer Heldenepen ist: Lugalbanda and the mountain cave sowie Lugalbanda and the Anzu bird. Beide werden in den Albumtexten verarbeitet. Ganz grob geht es um die zwei Königreiche Uruk und Aratta, deren Herrscher miteinander im Streit liegen und zwischen denen es schließlich zum Krieg kommt. Lugalbanda dient als Offizier unter dem König von Uruk, Enmerkar. Die Epen erzählen von dem Krieg zwischen den beiden Reichen, wie Lugalbanda sich durch seine Taten übermenschliche Kräfte erwirbt und schließlich mithilfe der Göttin Inanna zum Sieg über Aratta beiträgt.
Und wie klingt das alles nun?
Das Intro „Inanna’s favor“ basiert auf gezupfter Gitarre und sphärischem Frauengesang, ein schöner Einstieg in Eridus Welt des Extreme (Oriental) Metal, der nahtlos in das weitaus aggressivere und hektischere „Enmerkar“ übergeht. Hier wird eine bedrohliche, angriffslustige Stimmung aufgebaut – ein Hinweis auf den drohenden Krieg? „Slaves of Eridu“ holzt in fast lupenreinem, schnellem Death Metal aus den Lautsprechern und wirkt auf mich geschlossener und runder als das etwas hektisch-zerfaserte „Enmerkar“, auch das Gitarrensolo integriert sich im Mittelteil gut, bevor weitergetrümmert wird. „The cavern“ hält das Aggressionslevel, erinnert mit dem leicht verhallten Gesang an diverse Post-Black-Metal-Kapellen und überrascht mit einem gesprochenen Part im letzten Drittel des Songs, nach dem das Tempo noch mal schön angezogen wird. „Herald of heaven“ überzeugt mit viel Atmosphäre, ordentlich Härte und auch einem Hauch orientalischer Einflüsse. Mächtig! „Astral warfare“ kann das hohe Niveau halten, vor allem durch das Gitarrensolo, das den melodischen Black Metal noch mal deutlich eigenständiger macht.
Bei „The siege of Aratta“ befinden wir uns dann sofort mitten im Schlachtengetümmel – zu dem die melodischen, cleanen Gesangsparts allerdings wenig passen; vielleicht entgeht mir hier auch ein inhaltlicher Bezug, der genau das erfordert. Ich fühle mich aber trotzdem wieder wohler bei den nachfolgenden Growl- und Blast-Attacken. Insgesamt ein sehr komplexer Song, in den vielleicht ein bisschen viel eingearbeitet wurde. Das Ende überzeugt mich aber dann doch.
Das instrumentale Zwischenstück „Hymn for Utu“ sowie das mächtige „The bewitching of Sumer“ sorgen für ein bisschen orientalische Atmosphäre, die dem Album sehr gut tut. Hier geht es gnadenlos nach vorne, fast fühlt man sich manchmal an klirrenden Black Metal nordischer Schule erinnert – um dann durch einen Gitarrenlauf oder die geschickt eingebauten weiblichen Vocals wieder im heißen Zweistromland zu stehen. Der Königstrack des Albums.
„Lugalbanda“ ist ein souveräner Abschluss und überrascht vor allem mit seinen Gitarrenleads und den weiblichen Gastvocals.

Eridu haben hier ein sehr solides, gut produziertes Debütalbum abgeliefert, an dem alle Freunde von Blackened Death Metal ihren Spaß haben dürften. Das inhaltliche Konzept ist spannend (wer es ganz genau wissen mag: Die Kollegen von metal1.info haben hierzu einen interessanten Artikel veröffentlicht), die Songs abwechslungsreich aufgebaut. Mir persönlich hätten definitiv noch mehr orientalische Einflüsse gefallen; so erfährt man erst, wenn man sich eingehend mit den Lyrics und dem Hintergrund beschäftigt, dass hier nicht die üblichen Black- und Death-Themen abgehandelt werden. Hier ist für mich also noch ein bisschen Luft nach oben. Trotzdem ein insgesamt reifes und spannendes Debüt, das die Band auf dem Dark Easter Metal Meeting 2020 live präsentieren wird!

Anspieltipps: Herald of heaven, The bewitching of Sumer

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Eridu: Lugalbanda
Eigenproduktion, Vö. 10.05.19
Länge: 44 Minuten
Kaufen: auf allen bekannten digitalen Plattformen sowie für € 12,00 im Bandshop (eridu.bigcartel.com)

Tracklist:
01. Inanna’s favor
02. Enmerkar
03 Slaves of Eridu
04. The cavern
05 Herald of heaven
06. Astral warfare
07. The siege of Aratta
08. Hymn for Utu
09. The bewitching of Sumer
10. Lugalbanda

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