Irritierend irisierend

Fever Ray

Um Karin Dreijer Andersson zumindest visuell und ungeschminkt kennenzulernen, muss man sich wahrscheinlich Röyksopps Video „What else is there“ ansehen. In ihren bisherigen zwei Alben als Fever Ray gibt sie sich bedeckt. Fever Ray sind nicht Mainstream. Vielen wurde sie erst so richtig bekannt durch den Soundtrack von Vikings, dieser Wahnsinnsserie. „If I had a heart“ mit dieser schaurigen Stimme und Melancholie, bei der selbst Gemetzel und Ertrinken ästhetisch wirken und die einen wohlig schaudern lässt. Acht Jahre ist das schon her. Zwischendrin hat Karin Dreijer Andersson an anderen Projekten gearbeitet, beispielsweise mit The Knife zwei Alben eingespielt. Dafür konnte ich mich nie so richtig begeistern, aber die Neue von Fever Ray: Die musste sofort her.

Man merkt gleich, eine andere Gangart wurde eingelegt, ein anderer Rhythmus. Moderner vielleicht? Aber wenn die unverkennbare Stimme einsetzt, ist alles gut. Karin Dreijer Andersson ist wieder da. Zeitlos, typisch und unverkennbar, nordisch, ganz anders als Björk, aber dennoch in dieser Ecke angesiedelt, und ein wenig gruselig. Wobei – sie klingt manchmal sehr gruselig. Zu „Wanna sip“, dem ersten Song, wurde in diesen Tagen ein Audio Clip veröffentlicht, in dem nicht viel passiert. Man sieht nur das personifizierte nackte Grauen in einer einzigen Person. Eine Person mit Monsterfingernägeln, die in einem verkrusteten Gesicht die Monsterzähne fletscht. I wanna love you but you’re not making it easy! Ist das das Motto des Albums? Soll das der Käufer denken? Sorry, Frau Andersson, aber mir gefällt es schon jetzt. Der nächste Song beginnt romantischer, verspielter, ist panflötenartig instrumentiert. Schielt man aber auf das Official Audio auf Youtube, macht einem das Vaginal-Speculum, mit dem die lehmverkrustete Frau mit den langen Greisenhaaren spielt, schon ein wenig Angst. „A part of us“ ist verspielter, synthpopartig, hierzu könnte man tanzen. Dann kommt „IDK about you“. Immer wieder, immer wieder „I don’t know about you“ wird hier gesungen. Die nächsten Tracks sind ähnlich, bis auf „Plunge“, den Titelsong. Dies ist ein reines Instrumental, das annähernd fröhlich klingt sowie nach Weltraumreisen auf der Suche nach fernen Galaxien. Zu „To the moon and back“ gibt es schon ein Official Video. Text und Video höchst kunstvoll, lasziv, erotisch, pornös, thrilling, mit einem Setting, das aus Stranger Things sein könnte, die Hauptdarstellerin Eleven um Jahre gealtert, mit desaströsem Ende. Ansehen! Auch „Red trails“ hebt sich ein wenig ab von den anderen Liedern mit seinen balkan-zigeunerartigen Geigenfetzen, die den Gesang unterlegen.

Insgesamt klingt dieses Album nicht mehr so ätherisch, melancholisch, romantisch-düster und irgendwie entspannt wie das Vorgängeralbum. Dennoch ist es eindeutig Fever Ray, vor allem mit Karin Dreijer Anderssons fesselnder prägnanter Stimme. Und die Atmosphäre bleibt unterkühlt, unnahbar und doch schön.

Das neue Werk ist seit einigen Tagen über Anderssons eigenes Label Rabid Records digital erhältlich, ab dem 23. Februar 2018 kann man es dann auch auf CD und Vinyl erstehen.

Erfreulicherweise gibt es 2018 auch eine Konzerttournee.
Am 22. Februar sind Fever Ray in München in der Muffathalle.

 

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Fever Ray: Plunge
Zu beziehen über https://rabid.lnk.to/plungeWe

VÖ des Tonträgers am 23. Februar 2018
CD 15,49 €,Vinyl 19,99 €

Tracklist:
01. Wanna sip
02. Mustn’t hurry
03. A part of us
04. Falling
05. IDK About you
06. This country
07. Plunge
08. To the moon and back
09. Red trails
10. An itch
11. Mama’s hand

 

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