Musikalische Vorwürfe in tiefstem Schwarz

 

 

Eine Anklage gegen die moderne Welt. Verzweiflung, Wut, Melancholie und Weltschmerz. So sind Heimdalls Wacht und der Klang ihres Pagan Black Metal schon bezeichnet worden. Und es könnte besser nicht treffen. Denn all dies schreit einem auf Ut de graute olle Tied (Deel II) – Land der Nebel nur so entgegen. Wer die Formation noch nicht kennt und hier nur schnöden Garagen Black Metal zu riechen meint, dem sei gesagt: Obacht, hier wartet vielleicht eine Überraschung.

Wenn sich jemand die Beeinflussung durch verschiedene Stile auf die Fahnen schreibt, dann ist das ja schön und gut. Tatsächlich ist es aber manchmal gar nicht so einfach, fremde Stilelemente in die eigene Musik einzubauen, ohne dass lauter Ecken und Kanten entstehen, an denen der Hörer hängen bleibt. Heimdalls Wacht haben das auf ihrer aktuellen Scheibe Land der Nebel erstaunlich gut hinbekommen. Ich gestehe, dass ich zu Anfang auch etwas skeptisch war. Pagan Black Metal. Kann das funktionieren? Ja, kann es durchaus. Bis zu einem gewissen Grad.
Black Metal ist unzweifelhaft das breite und unüberhörbare Fundament, auf dem das Album steht. Rollende, wenn auch etwas leise Bassdrum, gelegentlich Blastbeats und schwammige, dumpfe Gitarren, dazu ziemlich oft hoch und keifig geshouteter Gesang. In solch recht traditionellem Klanggewand kommt Land der Nebel daher, nach einem ziemlich melodischen Intro. Aber davon darf sich der geneigte Hörer, der eben ein wenig mehr erwartet, nicht abschrecken lassen. Denn ziemlich schnell überrascht einen der erste Cleangesang, sowohl von der Leadstimme als auch vom Background. Erstaunlich gut vermischen sich dabei teilweise der beinah schon klerikale Background-Gesang und der flächige, schnelle Black-Metal-Sound. Die klare, sehr gute Singstimme verleiht dem Ganzen spätestens beim vierten Track, „Auf roter Erde erblüht“, einen Hauch von Pagan.
Auch im Sound wird viel variiert. Schwappt hier noch eine Woge aus Gitarrensumpf über einen hinweg, wechselt man an anderer Stelle zu einem getragenen Midtempo und sogar zu langsamen, akustischen Stücken, dann wieder zurück zum Brachialen. Das ist schön abwechslungsreich und ein wahrer Segen, denn die Lieder sind mit bis zu knapp 13 Minuten schon etwas länger, bleiben aber interessant.

Leichte Verwirrung

Hier sei kurz etwas über die Band eingeschoben: Am Mikro tun zwei Männer ihren Dienst, mit Namen Narhemoth und Saruman. Ja, wirklich, Saruman. Allerdings gibt es, sehr zu meinem Bedauern, weder in den offiziellen Presseinfos zur CD, noch auf der Website einen Hinweis, wer für welchen Gesangspart zuständig ist. Brachial unterstützt werden sie von Herjann und Teja an den Gitarren und Winterheart an den Drums. Der Name eines Bassisten oder jegliche weitere Info ist leider nicht aufzutreiben. Und ja, auf dem Foto sind nur vier Personen zu sehen, und auch hier kann ich keinen Namen einem Corpsepaint zuordnen.

Zurück zur Musik

Wichtiger jedoch, das eigentliche Thema, die Musik. Denn Land der Nebel ist durchaus ein Album, das authentisch und durch die Bank stimmig daherkommt. Heimdalls Wacht tut nicht nur verzweifelt in ihren Texten und spielt darauf fröhliche Gitarrenmusik. In vielen Stücken, vor allem „Schwarzmondritual“ und „(Leben) Im Zeichen der Todesrune“, hört man den Weltschmerz und die erdrückende Wut heraus, fühlt die Melancholie, selbst ohne den Textinhalt zu beachten.
Doch eitel Sonnenschein, oder eher Mitternachtsdunkel, ist auch hier nicht alles. Die Gitarren kennen anscheinend, so sie nicht clean gespielt werden, nur einen Sound: matschig. Sicher, zu flächigen, stark Black-lastigen Liedern wie „Die fallenden Blätter der Irminsul“ passt das sehr, aber wenn andere Einflüsse grob in Richtung Heavy reinspielen wie bei „Auf roter Erde erblüht …“, täte ein anderer und vielleicht etwas klarerer Sound der Gitarre gut. Auch wenn beim letzten Track „Des Wolfes zottiges Fell“ das wirklich schöne und gut gemachte Akustikstück umschwenkt und wieder der Gitarrenbrei kommt, mag es einem den Spaß an dem Lied fast schon etwas verderben. Allgemein wäre hier soundtechnisch mehr Abwechslung, ähnlich wie beim Songwriting, angenehm.
Gleichzeitig hätte an der einen oder anderen Ecke eine stärkere Unterstützung von Keys, wie im gerade genannten letzten Track, der Atmosphäre noch einmal einen Boost verschafft, allerdings ist das ein kaum ins Gewicht fallender Punkt. Ebenso wie zum Beispiel die Drums, die gerne ein wenig präsenter und drückender hätten sein dürfen, allerdings kann man das auch genauso gut als den bewusst beabsichtigten Sound ansehen und tut dem Gesamtwerk auch absolut keinen Abbruch.

Auf den Punkt

Black Metal mit ein paar erfrischenden Einflüssen? Hier sind Sie richtig. Ob man die Bezeichnung Pagan Black Metal alles in allem für gerechtfertigt hält, bleibt jedem selbst überlassen, jedoch sind die Einflüsse da und gut eingearbeitet. Ut de graute olle Tied (Deel II) – Land der Nebel ist ein gut gemachtes Album, das ein starkes schwarzes Fundament hat, auf dem es einige verschiedene Einflüsse verbaut. Heimdalls Wacht schaffen es, alles zu vereinen und den Stil zu halten, ohne langweilig zu werden. Ein wenig mehr Varianz in den Gitarrensounds zum Beispiel hätte dennoch nicht geschadet.

In Bezug auf die Band an sich fällt allerdings ihre angeblich teils „selbst gewählte mediale Unterrepräsentanz“ negativ auf, die jedoch beispielsweise auf der Bandwebsite stark nach Lustlosigkeit aussieht. Das verdirbt einem nicht den Spaß am Album, ist jedoch schade für neue Anhänger, die durch diese Scheibe vielleicht ihren Weg zur Band finden.

:mosch: :mosch: :mosch: :mosch: :mosch2:

Heimdalls Wacht: Ut de graute olle Tied (Deel II) – Land der Nebel
Back Skull Records, 9.10.15
Ab 12 € bei Black Skull Records (Trollzorn-Shop)

Tracks:
1. Indiculus paganarium
2. Die fallenden Blätter der Irminsul
3. Conspiratio Barbarica
4. Auf roter Erde erblüht … (Ursprung Teil I)
5. Schwarzmondritual
6. (leben) Im Zeichen der Todesrune
7. Seelenstaub
8. Des Wolfes zottiges Fell

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