Zwischen allen Stühlen

IdleHands_CoverDie EP Don’t waste your time von den jungen Idle Hands aus Portland, Oregon, hervorgegangen aus der traditionellen Heavy Metal Band Spellcaster, hatte ich bereits im Webzine vorgestellt (Link zur Review). Außerdem ließen sie als Vorband von Gaahls Wyrd (Link zum Bericht) die Münchener aufhorchen. Am 10.05.2019 ist nun bei Eisenwald das erste Full-Length-Album Mana erschienen. Hauptsongwriter und Rhythmus-Gitarrist Gabriel Franco wird vom zweiten Gitarristen Sebastian Silva, Bassist Brandon Hill und Colin Vranizan am Schlagzeug unterstützt. Die EP offenbarte einen starken Einfluss von The Cure, eine ungewöhnliche Zutat im klassischen Heavy Metal, die mir persönlich sehr gefallen hat. Daher bin ich gespannt, in welche Richtung sich Idle Hands mit Mana entwickelt haben.
Der Beginn gerät mit „Nightfall“ äußerst schwungvoll, fast schon mit Anleihen an Power Metal, doch Franco vermeidet gesanglich geschickt jeglichen Pathos. Die Balance zwischen aggressiv und episch ist perfekt ausgewogen. Das folgende „Jackie“ dagegen ist ein atmosphärischer Song, der den Gesang ganz klar vorn anstellt. Die Heavy-Metal-Riffs sind im Mix eher im Hintergrund angeordnet, was der wavigen Melodie mehr Raum verleiht. Dazu kommt die leicht nasale Stimmfarbe, die mich stets latent an Robert Smith erinnert. Eine Art Motorengeräusch eröffnet „Cosmic overdrive“, bei dem sich Rock- und Heavy-Metal-Passagen geschickt abwechseln, sodass keine Langweile aufkommt. Richtig ruhig wird es dagegen bei „Don’t waste your time“, zu dem die Gitarre sanft gezupft wird, von gelegentlich schweren Doom-mäßigen Riffs einmal abgesehen. Mit einer dunkleren Stimmfarbe müsste man diesem gelungenen Song die Kategorie Gothic vergeben, der durchaus auch von Fields of the Nephilim gespielt werden könnte. „Give me to the night“ prescht dagegen mehr vor und orientiert sich an der NWOBHM, sodass das Haupthaar auch einmal in Schwingungen versetzt werden kann.
Als einziger Song aus der EP Don’t waste your time ist „Blade and the will“ vertreten, das auch mit wuchtigen Gitarrensalven beginnt, ohne aber loszuknüppeln. Sehr differenziert wechseln die Drums den Rhythmus, und auch die Gitarrenarbeit variiert im Tempo und trägt dabei Elemente aus dem Okkult Rock in sich. Der klare Gesang ist dazu passend eher im 70er Rockbereich anzusiedeln. Mit „Dragon, why do you cry?“ leisten sich Idle Hands auch eine Ballade mit einer schönen Melodieführung, die trotz aller Zartheit kraftvoll auftritt. Das ist ein Song, zu dem man die Augen schließen und sich treiben lassen kann. Im Anschluss rockt sich „Double negative“ in metallischere Gefilde vor, und auch der Gesang von Franco beinhaltet kurze Growl-Passagen, zusätzlich zu seiner Klarstimme. „It’ll be over before you know it“ ist ein sehr melancholischer Song mit einer gewissen Nähe zu The Editors oder Interpol. Die getragene Stimmung entfaltet sich auf erhabene Weise, die man stellenweise schon fast als sakral bezeichnen kann. Das folgende „A single solemn rose“ weckt bei mir sofort diverse Assoziationen an verschiedene New Wave und Post Punk Bands der achtziger Jahre. Der Hall auf den Instrumenten und die Melancholie in der Stimme sind einfach perfekt. Erst die Growls gegen Ende weisen auf die Metal-Wurzeln von Idle Hands hin. Der Titeltack „Mana“ bietet zum Abschluss noch einmal alles, was das Album ausmacht: Eine schöne Hookline, eine tolle Stimme und eine exzellente Instrumentenarbeit, die Erinnerungen an die Heroes del Silencio hervorruft.

Fazit: Idle Hands setzen sich mit Mana bewusst und selbstbewusst zwischen alle Stühle und brechen das enge und mittlerweile etwas ausgelutschte Korsett von NWOBHM und Retro-Metal auf, indem sie eine große Bandbreite an Stilrichtungen zusätzlich in ihre Musik integrieren. Heavy und Gothic Rock, New Wave und Post Punk sorgen dabei für eine unverwechselbaren und unwiderstehlichen Sound, über dem stets die prägnante Stimme von Franco schwebt, die alles zusammenhält. Noch etwas Namedropping an Einflüssen zusätzlich zu den den bereits im Text genannten: The Sisters of Mercy, The Mission, New Model Army, Beastmilk, Talking Heads. Der auf der EP Don’t waste your time eingeschlagene Weg wird konsequent weiter verfolgt und ausgebaut. Es klingt nun zwar etwas weniger nach The Cure, was ich persönlich natürlich auch etwas schade finde, aber nichtsdestotrotz ist Mana als Debütalbum ganz großes Kino, von dem man sich auf der Tour im Mai 2019 (München 27.05.19) unbedingt überzeugen sollte.

Anspieltips für Gothics: Don’t waste your time, Dragon, why do you cry?, A single solemn rose
Anspieltips für Metaller: Nightfall, Give me to the night, Double negative

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Idle Hands: Mana
Eisenwald, Vö. 10.05.2019
CD 12,90€, MC 7,90€, LP 17,90€ erhältlich bei Eisenwald Online Store
MP3 Download ab 7,00€ erhältlich auf Bandcamp
Homepage: https://facebook.com/idlehandspdx
https://www.eisenton.de
https://www.facebook.com/Eisenwaldofficial

Tracklist:
01 Nightfall
02 Jackie
03 Cosmic overdrive
04 Don’t waste your time
05 Give me to the night
06 Blade and the will
07 Dragon, why do you cry?
08 Double negative
09 It’ll be over before you know it
10 A single solemn rose
11 Mana

Mana-Tour

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