The real wild Child is back

Iggy Pop

Es gab Zeiten – in den wilden 70ern -, da wohnten Iggy Pop und David Bowie in Berlin zusammen in einer WG. Pop war der Wilde, der alles ausprobiert hat, und Bowie war derjenige, der auf ihn aufgepasst hat. Nun ist Bowie tot, und Pop, das wirklich wilde Kind, ist immer noch da. Man darf ihn nur nicht nach seinem Freund fragen, zu sehr wühlt ihn dessen Tod noch auf. Dennoch klingt die neue CD der Punkrock-Legende, für die er sich mit Queens-Of-The-Stone-Age-Mastermind Josh Homme zusammengetan hat, nicht nach allzu großer Pop-Depression. Nein, sie klingt so jung und frisch, dass man ganz vergisst, dass Iggy Pop schon 68 ist.

Nachdem die letzten beiden Alben eher ruhiger waren, legt Iggy hier wieder gewaltig los und liefert Musik ab, die sehr an David Bowie erinnert, die auch nach eigenen Aussagen vom Geist her an Lust For Life anknüpft, das Iggy Pop in seiner Berliner Zeit mit Bowie als Produzent aufgenommen hatte.

Das schwarz-weiße Cover ist auch im Stil vieler LPs der 70er Jahre fotografiert, fast meint man, eine alte Velvet-Underground-LP in der Hand zu halten.
Im ersten Song „Break into your Heart“ singt Iggy davon, dass er gerne in unsere Herzen einbrechen und unter unsere Haut kriechen möchte. Aber hat er das nicht längst geschafft? Wieso haben wir sonst seine neue CD im Player? „Gardenia“ erinnert mich am Anfang an Bowies „Sound and Vision“. Es wird ein schmissiger, fröhlich klingender Song, ähnlich „Candy“, den er damals mit der B-52s Sängerin Kate Pierson eingespielt hat. Bei „American Valhalla“ muss ich schon wieder an Bowie denken, chinesisches Glockenspiel läutet es ein, dachte Pop an „China Girl“? „In the Lobby”, das Intro wie “Let’s Dance”, wird später zu einem verwoodstockten Hippie-Lied. Der Anfang von “Sunday” erinnert mich an “I was made for loving you” von Kiss. “Vulture” ist der vielleicht purste und typischste Iggy-Pop-Song. Sein Sprechgesang, Whoohoohoo im Hintergrund, indianisch-schamanische Chöre: Ich sehe ihn förmlich in einem Schwarz-Weiß-Film mit Johnny Depp in einem Boot einen verschlickten Fluss entlangtreiben. “German Days” ist eine Reminiszenz an Pops Berlin-Zeit mit Bowie, die Zeit, in der Bowie ihn von harten Drogen abgebracht hat und er die “Lust for Life” wieder entdeckte. “Chocolate Drops” und “Paraguay”, noch einmal zwei typische Pop-Songs, aber beileibe keine Popsongs: die Stimme in dem gewohnten Timbre, wie jeder sie aus “The Passenger” kennt, mit einem Hauch von Bowie in den oberen Lagen.
Dieses Album macht Spaß, so wie es auch lustig ist, diese vielen Anleihen, Anspielungen und Reminiszenzen zu hören. Aber Iggy Pop meinte ja auch, dass es mit Erinnerungen verbunden wäre, von Rück- und Ausblicken handelte.

In einem Interview erklärte Iggy Pop, nun vielleicht keine neuen Alben mehr zu veröffentlichen. Ich jedoch freue mich jetzt schon wieder auf Neues von ihm. Er ist und bleibt einfach ein interessantes „real wild Child“.

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Iggy Pop – Post Pop Depression
Label: Caroline (UniversalMusic), VÖ: 18. März 2016
CD 17,49 €, MP3 7,29 €, Vinyl 21,99 €

Tracklist:
1 Break into your Heart
2 Gardenia
3 American Valhalla
4 In the Lobby
5 Sunday
6 Vulture
7 German Days
8 Chocolate Drops (Explicit)
9 Paraguay (Explicit)

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