Violett = Tod

a0886922574_10Der Spruch “manchmal kommen sie wieder” könnte nicht zutreffender sein als bei meiner heutigen Review. Ein Fossil der italienischen Dark-Wave-/Gothic-Rock-Szene veröffentlichte dieser Tage das neue, lang herbeigesehnte Album Il Giardino Violetto über Bandcamp. Begonnen hat die Band Il Giardino Violetto bereits im Jahre 1988 in Rom als der New Wave abebbte und der Dark Wave seinen Einzug erhielt. Ihr Debüt Dance Macabre aus dem Jahr 1989 zählt bis heute zu einem der einflussreichsten Alben aller Zeiten für mich. Als mir die aktuelle Veröffentlichung zur Besprechung angeboten wurde, zuckte nicht einmal eine Wimper. Voller Freude lauschte ich dem Dargebotenen, hier sind meine Eindrücke für euch.

Bevor die Musik zu spielen beginnt, begutachte ich das sehr dystopisch wirkende Cover-Artwork und erhoffe mir insgeheim ein dystopisches Album. Kaum diesen Gedanken gefasst, beginnt auch schon „La fine del tempo“ zu Deutsch „Das Ende der Zeit“. Der Track beginnt mit einem typischen Deathrock-Rhythmus und mit einem herrlichen Oldschool-Basslauf, dass einem der Anfang 90er Gothic Rock vor Augen springt. Hypnotisch, im positiven Sinne Vintage, darkwaved sich der Track seine Bahnen. „Lacrime scorrono fredde“ verstehe ich persönlich als Hommage an die erste Riege des mit weiblichen Vocals versehenen Death Rock. Treibend, monoton mit der weiblichen Stimme, die wie ein Mix aus Gleichgültigkeit und Resignation klingt. „Crepuscolo degli idoli“ beginnt recht tanzbar und angenehm Oldschool. Versteht mich nicht falsch, aber zu Zeiten, an denen der Coldwave so angesagt ist, ist diese Veröffentlichung eine Wohltat für das Ohr. Die Texte sind dystopisch bis apokalyptisch, aber alles harmoniert sehr gut. „Al cospetto del nulla“ und „Mutazioni“ sind bei weitem nicht schlecht, mir gehen sie jedoch ein wenig zu sperrig ins Ohr. Es wird versucht, alles zu vermengen, was am Ende ein wenig anstrengend ist. Mein ganz persönlicher Anspieltipp für euch ist „La legge des padre“, auf deutsch „Das Gesetzt des Vaters“. Die Thematik, die sich durch alle Lieder wie ein schwarzer Faden durchzieht, wird hier wie ein Ritual gebetet. Treibende Wave-Beats treffen auf verzerrte Gitarren und immer wieder der Satz „nel nome del padre soltanto la morte“. Der pure Wahnsinn! Falls es einen Song geben sollte, der in einem Club sicherlich recht viel Anklang finden würde, dann „Anomalia“. Ich habe selten zuvor so eine Untergangshymne gehört. Kein Licht, keine Hoffnung nur Dystopie und Endzeit. Die Postpunk-Wurzeln der Römer schimmern besonders in „Silenzio assordante“ durch, klingt ein wenig wie eine Mischung aus den elektronischen Sisters of Mercy und Joy Division. „Divino dolore“ hätte so auch in einem Radio in den 80er Jahre laufen können, der eingängigste Track. Der Sound macht süchtig! Das letzte Stück, „Nel giardino violetto“ ist einfach nur mächtig! Eine surreale, kalte und sterile Soundlandschaft mit allen möglichen Einflüssen aus noisigen Flächen, einem martialischen Rhythmus und vor allem diese alte Goethes-Erben-Stimmung.

Fazit: Was bin ich froh, dass diese Band noch einmal aus der Versenkung zurückgekehrt ist. Die Gothic Welt wäre um ein Juwel ärmer. Das Ende, ein Begräbnis wurde musikalisch bisher selten so gut umgesetzt. Mein Gefühl der letzten Monate hat sich bewahrheitet. In Italien scheint eine Zelle zu sitzen, die einen großartigen Act nach dem anderen zu Tage fördert. Am besten funktioniert „Il giardino violetto“ in völliger Dunkelheit mit einem guten Glas Wein oder in einem sehr düsteren Club. Absolute Kaufempfehlung, unterstützungswert.

Il Giardino Violetto – Il Giardino Violetto
Bandcamp, Vö. 09.03.2019
Bandcamp: Name your Price

Band: https://ilgiardinovioletto.bandcamp.com/
Facebook: https://www.facebook.com/Il-Giardino-Violetto-381916295334951/

Tracklist
1 La fine del tempo
2 Lacrime scorrono fredde
3 Crepuscolo degli idoli
4 Al cospetto dell nulla
5 La legge del padre
6 Mutazioni
7 Anomalia
8 Silenzio assordante
9 Divino dolore
10 Il giardino violetto

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