„Good Music“

… ist oft schwer zu finden, mit Johan Baeckström (ebenso Bandmitglied von Daily Planet) bietet sich eine sehr gute Auswahl an Synthpop-Tracks an. Er nimmt uns mit seiner weichen Stimme mit nach Utopia, seinem zweiten Soloalbum, das von einem großen Erfahrungsschatz und Experimentierfreudigkeit an unterschiedlichen Synthesizern belebt wird.

Baeckstroem Utopia„Good music“ ist das Motto des Künstlers an seinem Soloprojekt (s. dazu unser Band der Woche Interview). Die elektronischen Popsongs erzählen unter anderem von der Suche nach einem Ort, der eigentlich so nah liegt („Utopia“) oder geht auf die voranschreitende Vernichtung von Mutter Erde ein, der sich jeder von uns entgegenstellen sollte („Homeless“). Dies wird verbunden mit wirkungsvollen Synthesizer-Arrangements, die aufrüttelnd sind. Es gibt immer die Möglichkeit, an jedem Punkt in einem Leben eine neue Seite aufzuschlagen und mit anderen Worten zu füllen, sehr gut interpretiert ist dies in „Better stories“, vereinzelt vibriert die Stimme von Johan, ein sehr berührender Moment. „I can read your mind“ erzählt von Lügen, die man dem/der Partner/in in den Augen oder Bewegungen ablesen kann, es ist an der Zeit, sich dem zu stellen und ein Lebenskapitel zu beenden. Die Synthesizerklänge im Hintergrund erinnern mich dabei an spitze, kalte Eiszapfen, die sich lösen und herabfallen. Eine Sonde schwebt mit „Cassini“ als Instrumental vorbei an Utopia, Jean Michel Jarre hatte hier etwas Einfluss, trotzdem ist der Track auf eine eigene Weise umgesetzt: akzentuierter in den Tönen, schwebend und mit einem Leerlauf am Ende – wo geht die Reise hin? „Blood red moon“ hat eine einprägsame Melodie, die ich überall heraushören könnte (nachdem ich es mir einige Male angehört habe und noch öfter werde); eine Art trauriges Schlaflied, sehr liebevoll intoniert. Mit in die Zukunft nimmt einen „Into the 80ies“, und dann kommt wieder so ein Lied mit Erkennungsmelodie: „Silence“. Es ist ein Track, bei dem ich grundsätzlich unruhig werde und mitsingen und mich bewegen möchte: tanzend, laufend, mit einem Lächeln im Gesicht. Diese einzeln angeschlagenen Töne, die einem immer wieder im Ablauf begegnet sind, die weiche, schmeichelnde Stimme und die Sterne weisen zum Abschluss den Weg durch „Blinded“.

Es scheint, als wäre Utopia eine sehr eigene, vielleicht auch erlebte und gefühlte Welt, an dem der Zuhörer teilhaben darf. Die elektronischen Songs leben von einer großen Klangfülle, die überzeugenden, klaren und mitunter hohen Vocals erzählen feinfühlige Geschichten, die auch zum Nachdenken anregen. Die Interpretationen sind so leicht, dass man zwischendrin meinen könnte, zu schweben. Das Gesamtpaket wirkt perfekt im Zusammenspiel mit der Vielzahl an Synthesizer, die im Booklet beschrieben sind. Hin und wieder blitzen Erinnerungen an Erasure auf.
Um einige kurze Einblicke in die Livequalitäten von Johan Baeckström zu erhaschen, empfehle ich seine Facebook-Seite. Es gibt dort Mitschnitte vom „Progress Productions 14“-Abend zu sehen. Es wäre wünschenswert, wenn Johan Baeckström mal einen Abstecher nach Deutschland machen könnte, nach diesem Album ist dies auf jeden Fall auf meiner Wunschliste – zur Not muss ich nächstes Jahr eben nach Schweden.
Bin ich begeistert? Ja, natürlich! Der schwedische Kosmos Progress Productions hat noch viel zu bieten, mein erstes Projekt klingt vielversprechend. Ich wünsche Johan viel Erfolg mit diesem Album, wir sehen uns, irgendwann, irgendwo … hoffentlich noch lange vor meinem 80. Geburtstag.

Anspieltipp: Better stories, Blood red moon, Silence

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Johan Baeckström: Utopia
Progress Productions, Juni 2018
15 € http://www.progress-productions.com/product/johan-baeckstrom-utopia/
75 SEK Bandcamp

Tracklist:
01. Utopia
02. Homeless
03. The world through your eyes
04. Better stories
05. I can read your mind
06. Cassini
07. Ask them why
08. Blood red moon
09. Into the 80’s
10. Silence
11. Blinded

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