Schwarze Flügel aus dem Industrialhimmel

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E-Gitarre, Bass und Schlagzeug, dazu ein Synthesizer und es entsteht Industrial Metal. Als wenn sich Acidcell damit begnügen würden. Das Ganze wird mit dunklen Klängen gemischt, der Gesang wirkt manchmal nachdenklich, manchmal wütend, die Zutaten für Feelin the Doom. Wer trotz der fordernden Musik die Füße still halten kann und in der Lage ist, auf Texte zu achten, erkennt, dass in diesen zumeist Dunkelheit herrscht, allerdings in verschiedenen Facetten.
Ein wunderbar irreales Cover liefert den ersten Eindruck. Vom Rockefeller Center aus blicken wir auf Midtown Manhatten. Direkt vor uns ein Engel in dreckigem, weißen Kleid und schwarzen Flügeln auf einer Schaukel, die ebenfalls schwarzen Haare verdecken das Gesicht. Leider ist sie etwas zu weit weg, um sie anzuschubsen, aber wir könnten sie ansprechen, immerhin ist sie uns zugewandt.

Die ersten Takte sind elektronisch und erinnern an das Ticken einer Uhr. Dann setzen die anderen Instrumente zu einem volltönendem, bangbarem Sound ein. Variationen beleben den Song, in dem die Frage „Do I Look Like A Slut“ nicht erschöpfend beantwortet wird. Irritierend wirkt eine zweite, krächzende Stimme, die teilweise wiederholt und sich am Ende alleine äußert.
Trommelschläge, die nicht zu ignorieren sind und einen Großteil des Stücks prägen. Satter Metal, der für die weiteren Tracks als grundlegend angenommen wird. Eine kleine Reflexion über Schönheitsideale unter besonderer Berücksichtigung der „Beautiful Undead“ und eines Exkurses zu Fernsehgewohnheiten. Auch wird der Gesang von Anthony de Angelis etwas variiert, diesmal allerdings gefälliger.
Ein paar Synthesizerpiepser, ein flashender, volle Einstieg. Dezente und auffällige Effekte peppen auf, ohne übertrieben zu wirken. „Stick It“, Gefühle und Reaktionen, bis er weint.
Nicht so druckvoll und auch der Gesang scheint das anzukündigen, was bei Acidcell als Ballade durchgehen könnte. Von der Gesellschaft und von sich selbst nicht akzeptiert, einsam in der Nacht: Das ist „One Of Us“.
Der Titelgebende Song „Feelin The Doom“ stellt gekonnt die E-Gitarre in den Vordergrund. Der Text gibt Eindrücke aus einer Zombieapokalypse oder etwas Ähnlichem wieder.
„Parasite“ stellt wieder eine rasante Mischung dar, wobei der Synthesizeranteil etwas unauffälliger als gewohnt ist. Es bleibt zu hoffen, dass es in diesem Stück wirklich nur um einen Traum geht.
Harte Gitarrenriffs und unartikulierte Laute leiten „Deathmachine“ ein. Um so überraschender, dass der Text fast sanft intoniert wird und die Musik dies mitmacht. Es werden Gedanken über zumindest einen Soldaten wiedergegeben, und anstatt anzuklagen klingt so etwas wie Mitleid durch. Der tiefgründigste Text dieses Albums.
„Hate Me“ beeindruckt durch einen sehr schönen Instrumentalteil, in dem Gitarrenklänge aufeinander treffen. Der Text stellt in Aussicht, hier seine negativen Gefühle lassen zu dürfen.
Wieder ein weniger druckvolles Stück, das eher in die Gothicrichtung geht, ist „Children Of The Night“. Erneut erklingt die krächzende zweite Stimme. Der Text bleibt recht allgemein.
„Out In The Dark“ ist gespickt mit etwas mehr Elektronischen- und anderen Geräuscheinspielungen, wie Wolfsgeheul und irrem Lachen, und bildet einen würdigen Abschluss. Der Sound ist eher getragen, der Gesang passt dazu, wenn man vom Krächzen absieht. Der Text verstärkt die Stimmung.

Eine CD mit Power, geeignet sowohl für Metaler als auch Gothics. Der kreierte Stil wird durchgezogen und weit genug variiert, um eine Gewöhnung zu verhindern. Deutlich positiv fällt Sänger Anthony de Angelis und sein Spiel mit Stimme und Text auf. Allerdings hätte man mehr aus den Lyrics machen können, aber bei dem Sound gehen ohnehin eher die Körper als die Gedanken mit.
Industrial-Metal mit einigen dunklen Schnörkeln. Ein vielversprechendes Debütalbum, man darf gespannt sein, wann und wie es weitergeht.

Anspieltipp: Deathmachine


Acidcell – Feelin the Doom
Echozone, 2012
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Tracklist:
01. Do I Look Like A Slut
02. Beautiful Undead
03. Stick It
04. One Of Us
05. Feelin‘ The Doom
06. Parasite
07. Deathmachine
08. Hate Me
09. Children Of The Night
10. Out In The Dark

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