Molllust needs Metal

Zuerst hört man irgendwie – nichts. Nur leise schwingt sich ein Klavier auf, um eine liebevolle Melodie zu klimpern, die schließlich vonmolllust-schuld Streichern unterstützt zu einem bassgeladenen Sound anwächst, bei dem man sich fragt: Hab ich den Soundtrack von Tanz der Vampire eingelegt? „Ouvertüre“ führt ganz gut in das ein, was einen erwartet.
„Sternennacht“ könnte der perfekte Musical-Song sein, weiblicher Gesang, der erzählt, was oben genanntes Musical wohl ausdrücken möchte. Für den Anfang ganz gut, da ist Potential drin, das sich steigern kann und mit mehr Wumms ein definitiv gutes Album darstellen könnte.
Leicht und tanzend hört man Streicher bei „Alptraum“, die sich bald schon in ein Feuerwerk an schnellen Riffs und dunklem Sound verwandeln. Es scheint einer Hetzjagd gleich, die Musik passt zum Songtitel, bis Sängerin Janika Groß ihr Stimmlein erhebt und anscheinend eine Liebesgeschichte erzählt. Toll.
Ähnlich beginnend ist auch „Aufwind“ nichts, wonach man sich die Finger lecken könnte. Nette Musik, passabler Gesang, eine Idee, die man irgendwie verwirklicht hat und seltsamerweise mit Hilfe eines Labels.
Irgendwann rollen sich einem die Fußnägel auf, wenn Groß in „Spiegelsee“ zur Opernsängerin mutiert.
Was ist das?

Molllust schimpfen ihr Tun „Opera Metal“ und man muss sich wirklich fragen, warum muss man immer neue Subgenre erfinden, um Musik verkaufen zu können. Das einzige, was an dieser Band und ihrer Musik Metal ist, sind die langen Haare zweier männlicher Bandmitglieder und eine Handvoll ganz passabler Riffs. Ansonsten handelt es sich hier um eine Unverschämtheit und Verdummung der Zuhörer, die sich auf ein gutes, interessantes Metalalbum gefreut haben mögen. Denn wer darauf wartet, der ist enttäuscht und wird dem Geld bitter nachweinen, das er genauso gut hätte anzünden können.

Schuld ist der Soundtrack zu einem Musical, das jagend durch den Konzertsaal rauscht, durchaus mitziehen und begeistern kann und nur hin und wieder fordert, dass Janika Groß sich philosophischer gibt und schweigt. Ihr Gesang ist definitiv nicht zu verachten und zeugt von einer fundierten Ausbildung. Stellenweise aber schwingt sie sich zu Höhen auf, die absolut nicht passen und einem direkt wehtun in den Ohren. Da wäre man gerne das zerspringende Glas, damit das Elend ein Ende habe.
Kann man Schuld auch Gutes abgewinnen? Ja und nein.

Lässt man einmal den Opera-Metal-Aspekt außer Acht, handelt es sich um instrumental und gesanglich wirklich gelungene Musik. Die Kompositionen stimmen und klingen gut. Die Stimmen sind, wie bereits beschrieben, gut ausgebildet und hören sich zumeist fantastisch an. Nur hin und wieder ist es mir persönlich viel zu schrill und hoch. Liest man sich die im Booklet abgedruckten Lyrics durch bzw. hört man genau hin und verfolgt die Worte, so kann man eine zusammenhängende Geschichte voller Liebe und Schmerz entdecken, die im Grunde nicht einmal mehr der Unterstützung durch Bilder oder Schauspieler bedarf. Viel zu malerisch ist das Gesungene und man kann die Augen schließen und sich fallen lassen.

Im Grunde ist Schuld ein gutes Album, das nur falsch deklariert wird. Opera Metal ist zwar eine nette Idee, aber doch nichts anderes als Symphonic Metal, den man von Nightwish, Epica, Within Temptation und anderen kennt – und diese namhaften Größen verfehlen Molllust um Längen. Der Band fehlt es an Metalelementen und man kann ihnen nicht mal zugestehen, dass sie etwas Neues kreieren, denn das tun sie nicht. Es fehlt an allem, was man man auch nur entfernt dem Genre Metal zuordnen könnte. An harten Riffs, Drums, Bass, am Headbangen … Die spärlichen Versuche, Power in das Album zu pressen, sind ergebnislos und verpuffen nach wenigen Sekunden Spielzeit. Es scheint wie der stümperhafte Versuch, ein Genre zu bedienen, der kläglich gescheitert ist. Nur Freunden von Musicals zu empfehlen, Metaler sollten auf jeden Fall die Finger davon lassen und das Geld lieber sparen.
Trotzdem gibt es drei Smileys, weil das Album an sich gut ist, wenn man sich von der Enttäuschung ob des fehlenden Metals erholt hat.

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Molllust – Schuld
Label: Type G Records (2012)
Gesamtspielzeit: 48:49 min
Preis: 9,99 € (mp3-Download)

Tracklist:
Ouvertüre
Sternennacht
Alptraum
Aufwind
Spiegelsee
Lied der Nacht
Puppentanz
Tanz des Feuer
Erinnerungen
Schatten
Kartenhaus

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