Düstere Balladen zum Träumen

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14 Alben, vier zusätzliche Live-Alben und 29 Jahre als Band auf dem Buckel: Nick Cave And The Bad Seeds haben wieder zugeschlagen und CD Nummer 15 auf den Markt gebracht. Push The Sky Away heißt sie und beinhaltet neun Songs, die einige Überraschungen bergen. Oder ist es vielleicht doch ein ganz normales Nick-Cave-Album?
Es beginnt sanft und ruhig, getragen schleicht die Melodie dahin, und man denkt eher an Beerdigungen oder auch ganz ruhige, romantische Tänze mit dem Liebsten. „We No Who U R“ ist eine schöne Nummer, die einmal mehr ohne Brachialgewalt auskommt und einen Chor für den Refrain hat, der ein bisschen Unschuld mimt.
Genauso geht es dann auch weiter. „Wide Lovely Eyes“ lässt ebenfalls harte Klänge vermissen, und man beginnt zu erkennen, dass dieser Silberling sehr ruhig werden wird. Wie immer arbeitet Cave mit der Unterstützung eines vollen Backgroundgesangs, der hin und wieder an einen unschuldigen Kinderchor erinnert. Manchmal ertönt auch ein zartes Stimmchen, das an ein junges Mädchen erinnert und nicht an die ausgewachsene Frau, die dahintersteckt.
„Water’s Edge“ entführt einen für wenige Augenblicke in die Wildnis. Vor dem inneren Auge entstehen australische, vielleicht auch afrikanische Landschaften, man jagt mit dem Jeep hindurch und hört diese lauernde Melodie. Aber das wird schnell schwächer, und wieder steht die Stimme des Sängers im Vordergrund.
Wieder einmal trägt er seine düsteren Geschichten vor, besingt in „Jubilee Street“ Bee, die erschossen wird, eine Geschichte hat, aber keine Vergangenheit. Cave erzählt von Mädchen, die sich anpreisen am Strand, oder sagt, er glaube an 72 Jungfrauen, Gott und „Mermaids“. Fröhliche und ausgelassene Lyrics sucht man bei ihm vergebens, außer man besitzt einen derben schwarzen Humor, der sich über kleine Grausamkeiten freut. Doch genau das ist es, was den Künstler ausmacht. Das Dunkle und Böse, der Zeigefinger auf den Abgründen der Gesellschaft und in ihren Wunden. Mit einer malerischen Sprache schaut er in die Winkel und Ecken, in die düsteren Gassen und die Finsternis der Seelen. Dabei verzichtet er auf musikalische Breitseiten, auf harte Drums und donnernden Bass. Im Vordergrund steht aber auch kein starker Gesang, der alles andere dominiert, nein. Nick Cave stellt die Lyrics ins Zentrum, fängt den Hörer ein und führt ihn durch die Welt, die alles andere als rosarot ist. Dabei geht es durchaus um Glück und Liebe – aber das muss ja nicht immer zum Happy End führen, nicht wahr? Das macht ihn aus, und das will man hören.
„We Real Cool“ bezieht Streicher mit ein, die den Song sehr getragen und geradezu todtraurig wirken lassen.
Das erwartet man auch eher im folgenden „Finishing Jubilee Street“, das aber viel besser in eine dieser Bars mit dezenter Livemusik passen würde. Hier schlägt er einen Bogen zu „Jubilee Street“ und beendet die Geschichte, die er dort angefangen hat.
Genauer hinhören sollte man bei „Higgs Boson Blues“. Das geht es um Hannah Montana alias Miley Cyrus. Ein bisschen fehlt das Pendant Justin Bieber, aber Cave geht nicht ganz so nett mit dem weiblichen Teeniestar um, so dass man sich entweder darüber aufregen oder eben doch schmunzeln kann. Es sind düstere Balladen und es werden – zum Glück – immer solche bleiben. Würde sich das ändern, wäre es nicht mehr der gute, alte Nick Cave.
Der Titelsong „Push The Sky Away“ ist vermutlich als kleine Aufforderung zu verstehen und zieht dadurch mit.Unterm Strich ein wirklich ruhiges Album. Ich vermisse ein bisschen das Lauernde, Bedrohliche von Cave, aber es ist eben ein neuer Silberling, der auch wieder Neues bringen darf. Die Scheibe lohnt sich, und die Texte sind bekannt düster.
Am 21.11.13 tritt Cave zusammen mit den Bad Seeds im Zenith in München auf, das sollte man nicht verpassen.Anspieltipp: Jubilee Street
:mosch: :mosch: :mosch: :mosch: :mosch2:

Nick Cave And The Bad Seeds – Push The Sky Away
Label: Bad Seed Ltd., 15.02.2013
€ 12,99, Amazon
Tracklist:
We No Who U R
Wide Lovely Eyes
Water’s Edge
Jubilee Street
Mermaids
We Real Cool
Finishing Jubilee Street
Higgs Boson Blues
Push The Sky Away

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