Stahlmann und noch mehr Liebe

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Angefangen hat der Erfolg der 2008 gegründeten Gruppe Stahlmann um Frontmann Mart mit der Debüt-EP Herzschlag und dem 2010 veröffentlichten Debütalbum Stahlmann. In den letzten Jahren hat die Band ihre Wirkung auf das Publikum in Klubs, als Support für unter anderem Eisbrecher und Mono Inc. sowie auf Headlinertouren nicht nur durch Deutschland eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Entsprechend hoch sind die Erwartungen an die neue CD Adamant.
Mit Stahlmanns Quecksilber im Ohr ist es nicht leicht sich vorzustellen, wie hart Adamant für diese Band sein wird. Ernüchternd, dass es keinen Unterschied gibt. Der Sound ist nicht viel anders, die Texte eher zahmer. Für Fans dürfte es neues Ohrwurmfutter sein, zum Anfüttern scheint es weniger geeignet.
Treibender Rhythmus ist fast allgegenwärtig, Alleingänge der Instrumente selten und eher kurz. Liebe und Begierde ziehen sich durch das gesamte Album, wobei mehr als eine Facette an-, aber leider nicht durchleuchtet wird.

Dumpfe, elektronische Klänge gefolgt von einem nicht sehr schnellen Beat und ein paar Akkorden. Der Gesang setzt ein, die Musik wird ruhiger, getragener. Das durch Liebe verursachte Leid sorgt für Weltuntergangsstimmung. Eine düstere Atmosphäre zieht sich durch das gesamte Stück, und auch am Ende gibt es keine Hoffnung. „Die Welt verbrennt“ zumindest für denjenigen, der sich mit diesen Zeilen identifizieren kann. Ein altes Thema erneut interpretiert und das nicht schlecht, als Einstieg in die CD allerdings unerwartet.
Synthesizer unterstützt ertönt ein schneller, tanzbarer Rhythmus. Der Text von „Süchtig“ legt ebenfalls nahe, dass sich das Stück genau dafür eignen soll. Es wird beschrieben, „was ein Luder kann“ und wodurch die Sucht nach einer solchen Frau beim literarischen Ich geschürt wird. Klar und einfach bleiben Musik und Worte auf das primitive Ziel gerichtet. Wer sich, egal ob weiblich oder männlich, davon angesprochen fühlt, sollte sich vielleicht überlegen, ob es einen Zusammenhang zum ersten Stück dieser Scheibe gibt.
Gezupfte Gitarrensaiten zum Einstieg werden volltönend zu einem rockigen Auftakt ergänzt. Sanft geht es weiter, sowohl musikalisch als auch gesanglich. Nicht nur „Wenn der Regen kommt“ wird sie, von der in dem Lied die Rede ist, es schwer haben, das ist klar. Unklar ist aber, wer sie retten will beziehungsweise kann. Wieder das Thema Liebe, diesmal in Form einer düsteren Ballade. Gelungen und ansprechend bildet sie einen deutlichen Kontrast zum vorangegangen Stück, sorgt allerdings auch dafür, dass sich die Stimmung und damit der wahrscheinliche Tanzstil ändert.
„Schwarz“ wird selten mit amüsant assoziiert, aber wenn eine kindlich-naive Stimme „Schwarz, schwarz ist alles, was ich habe“ singt, kann das schon zu dem einen oder anderen Grinsen führen. Fordernd setzt die Musik ein, und der erste Eindruck weicht der Möglichkeit mitzugehen, sich mitnehmen zu lassen. Eine Hymne auf das Schwarz der Kleidung, der Nacht und ansatzweise der Einstellung derer, die sich damit identifizieren, mit dem Potential, viele anzusprechen und ein Dauerbrenner in dieser selbstgewählten Dunkelheit zu werden. So wie es ist, scheint das Stück rund und passend, weshalb wahrscheinlich nur wenigen die Tiefe fehlen wird, die Schwarz ebenso beinhaltet.
Wieder die Liebe, diesmal gepaart mit Leid und Hoffnung. Es wäre alles so einfach, wenn das angebetete Subjekt das „Leuchtfeuer“ in den Augen der anderen Person endlich erkennen und sich dieser zuwenden würde. Was nach einem schmachtenden Gedicht klingt, ist auch eines, nur mit einem etwas härteren Unterton und einer rockigeren Musik als üblicherweise zu erwarten wäre.
Ein federnder Anfang, der sich steigert, Gitarren- und Synthesizerparts bilden bereichernde Höhepunkte, ebenso die manchmal erhöhte Schlagzahl; „Adrenalin“, wie es durch den Körper pulsiert. Nicht so mächtig wie in dem gleichnamigen Stück der Apokalyptischen Reiter, der Unterschied ist deutlich zu hören, aber unwiderstehlich.
Wenige leichte Schläge werden zu einem Grundbeat, der zwar variiert, sich aber durch das gesamte Stück zieht. „Der Schmied“ wird nicht müde, und das ist gut so. Leider wurde er nur zum Mann aus Stahl, weil er sein Leid nicht mehr ertragen konnte, sein Herz ersetzt und nun seine Narben auffüllt. Von den eingespielten Tönen eines Hammers auf einem Amboss wünscht man sich mehr, schon allein, damit der Umstand, dass der Schmied „nichts mehr fühlen“ kann nicht ganz so deutlich ist und etwas mehr Abwechslung vorhanden ist.
Synthesizer und ein tanzbarer Beat führen ins „Paradies“. Dort stellen sich einige Fragen, die meist mit Zweisamkeit zusammenhängen: „Willst Du mich“ ist eine recht deutliche Erkundigung über Sünde, Schmerz und Erlösung sind auch noch verständlich, aber die, ob jemand „auch nur einmal Sieger sein“ will, fällt etwas aus dem Rahmen. Eine gedankliche Wende findet ab dem Zeitpunkt statt, zu dem zu hören ist, dass der Fragesteller „keine Liebe mehr […] findet“ und sein Leid klagt. Die Musik geht auf den Text ein, schafft es aber leider nicht, ihn zu transportieren.
„Nackt“ ist ein nicht ganz so druckvolles Lied, aber durchaus für die Klubszene geeignet. Wie zu erwarten, bezieht es sich ausschließlich auf den fleischlichen Aspekt der Liebe. Der Text birgt keine Überraschungen, die musikalische Untermalung wartet mit ein paar kleinen, allerdings nicht besonderen, Höhepunkten auf.
Das nächste Stück schließt nahtlos an das vorangegangene an. Das Gegenüber ist nackt, und der „Tempel der Lust“ kann betreten werden. Für Musik und Text gilt nahezu das Gleiche wie im letzten Lied, wobei es tröstlich ist zu erfahren, dass Sorgen vergessen werden, wenn sich ein „alter Körper regt“, obwohl das angeblich mit Schmerzen verbunden ist.
Der Anfang klingt nach einer maschinellen Schmiede, aber diese Assoziation muss nicht gewollt sein. Ansonsten bleibt die Musik eher im Hintergrund. Die „Dämonin“ der Nacht ist wieder eine Frau, die es einer Person schwer macht, die etwas für sie empfindet. Diesmal werden die Gedanken und Gefühle allerdings etwas tiefer ergründet. Es war mal gegenseitige Liebe, jetzt geht es um Angst, darum, sich verrenkt zu haben, und vergebliche Hoffnung. Mehr wäre möglich gewesen, aber auch so kommt der eine oder andere Impuls rüber.

Ein solider nächster Schritt. Die Frage ist nur, wo führt er hin? Die Klubs werden wieder das eine oder andere Lied rauf und runter spielen, die Fans ihre Anlagen füttern und die Liveauftritte werden bereichert. Eigentlich reicht das doch.

Ein Unterschied zwischen Quecksilber und Adamant fällt nach längerem Hinhören doch auf. Nicht alle Texte sind geschlechtsneutral. In „Süchtig“ und „Wenn der Regen kommt“ geht es eindeutig um Frauen, „Der Schmied“ ist klar ein Mann. Natürlich muss dies keine Bedeutung haben, oder eine solche liegt in der Neutralität der anderen Stücke.

Das Cover ist optisch nicht nur ansprechend, sondern erlaubt auch auf den zweiten und dritten Blick etwas Neues zu entdecken. Wenn es das noch nicht als Poster am Merchstand gibt, sollte das schnellstens nachgeholt werden.

Anspieltipp: Wenn der Regen kommt

:mosch: :mosch: :mosch: :mosch2: :mosch2:


Stahlmann Adamant
AFM Records (2013)
16,99 €
Kaufen!

01. Die Welt verbrennt
02. Süchtig
03. Wenn der Regen kommt
04. Schwarz
05. Leuchtfeuer
06. Adrenalin
07. Der Schmied
08. Paradies
09. Nackt
10. Tempel der Lust
11. Dämonin

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1 Kommentar
  1. Horusauge
    Horusauge sagte:

    Den ersten Eindruck von STAHLMANN habe ich mir auf dem Konzert 2013 im Backstage verschafft: ich war begeistert. Die CD ADAMANT verstärkte das Gehörte und ich kann mich als angefixt bezeichnen.
    Mats Stimme erinnert mich ein bisschen an den frühen Grafen und in der Musik schwingt etwas EISBRECHER mit. Trotzdem setzt sich immer wieder in der Stimme noch mehr sinnliches, berührendes, mitfühlendes Potential durch. Die Musik reisst mit, lässt hinhören … Ich bin begeistert.

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