Modern und retro zugleich

second stillDas Plattencover von Second Still ist eines derjenigen, die man sieht und quasi sofort weiß, da ist richtig gute Musik aus dem Gothic-Bereich drin. Was verbirgt sich also dahinter? Second Still sind eine klassische Dreierbesetzung aus Los Angeles in Kalifornien. Aber Moment mal, Kalifornien? Sommer, Sonne, Strand und Gothic – kann das gutgehen? Warum nicht, schließlich stammen auch Legenden wie Christian Death und 45Grave aus der Gegend.

Der Eröffnungssong „Recover“ ist eine schöne Gothic-Nummer im Stil von Faith and the Muse, bei der auch die Gesangstimme nach Monica Richards klingt. Der Beginn von „Try not to hide“ dagegen erinnert mich an „A Forest“ von The Cure, aber mit dem dann einsetzenden hypnotischen Bassspiel bekommt der Song eine völlig eigene Note irgendwo zwischen Gothic und Wave, manche Songs von She Past Away erzeugen eine ähnliche Stimmung. „Sleep“ ist im Midtempo angesiedelt und besitzt eine auf mich irgendwie geisterhaft wirkende Atmosphäre, die ich mir nicht näher erklären kann, die aber eben manchen Cold Wave Songs zu eigen ist. Ich schwanke quasi in einer Entscheidung zwischen Rotwein und Tanzfläche. Bei „New barn“ geht es etwas ruhiger zu, die Stimme klingt fragil und wird sanft von den Instrumenten umspielt und lädt zum Träumen ein. Als Counterpart funktioniert die wabernde Gothic-Rock Gitarre, die für wohlplatzierte Highlights sorgt. Das Schlagzeugspiel von „Strangers“ ist von Breaks durchzogen, was den Song vermutlich schwierig zum Tanzen macht. Dennoch finde ich das Experiment gelungen, weil es eine ganz neue Note im Wave Sound aufzeigt. „Jo“ hat eine herrliche Cold Wave Atmosphäre und weckt Erinnerungen an X-Mal Deutschland. Mit der hinterlegten Soundcollage spürt man aber gleichzeitig, dass dies ein moderner Song ist. Das Zusammenspiel von Bass und Gitarre bei „You two so alike“ hat teilweise etwas von Cinema Strange, aber der Gesang bleibt eigenständig im Second Still-Stil. Zum Abschluss wartet „Judgement“ mit einem prägnant monotonen Rhythmus auf und lässt alle vorherrschenden Stimmungen auf Second Still noch einmal aufleben.

Fazit: Das eingangs erwähnte Plattencover hat mich nicht getäuscht, alle Erwartungen wurden voll erfüllt. Second Still begeistern mich mit ihrer Gothic-Cold Wave-Postpunk Melange, die modern und retro zugleich ist. Der Underground der Achtziger wird in die heutige Zeit transportiert. Es ist kein ausgewiesenes Party-Album, aber gerade das empfinde ich als äußerst wohltuend und gelungen. Auch zum Surfen ist es weniger geeignet, denn statt für die Sonne ist Second Still ein Album für die Nacht.

Anspieltipps: Try not to hide, Jo, Judgement

:mosch: :mosch: :mosch: :mosch: :mosch:

Second Still: Second Still
Manic Depression Records, 04.04.2017
CD 12 $, MP3 Download 8 $, Tape 8 $ – erhältlich über Bandcamp: secondstill.bandcamp.com/
CD 12 € – erhätlich über manicdepressionrecords.com/

Homepage: facebook.com/secondstillband
manicdepressionrecords.bandcam…second-still-second-still
soundcloud.com/secondstill

Tracklist:
01 Recover
02 Try not to hide
03 Sleep
04 New barn
05 Strangers
06 Jo
07 You two so alike
08 Judgement

 

(4789)