Ich bin dead

XXX_coverDie erst 2016 im portugiesischen Lissabon gegründeten She Pleasures Herself lassen nicht nur mit ihrem Bandnamen aufhorchen, denn mit ihrem Debütalbum Fetish offenbaren sie Interesse für abgründige zwischenmenschliche Neigungen, auch mit der düsteren Musik zwischen Cold Wave und Gothic Rock machen sie sich einen Namen im europäischen Gothic-Underground. David Wolf übernimmt dabei neben Bass und Gitarre auch die Synthesizer und die Produktion, Nuno Francisco ist für die Drums und das Programming zuständig, und Nuno Varudo verleiht der Band seine Stimme. Live wird die Band außerdem von Leticia Contreiras am Synthesizer unterstützt. Pünktlich zum WGT ist nun das zweite Album XXX bei Manic Depression Records erschienen.

Gleich der Eröffungstrack lässt mein Gothic-Herz höher schlagen, denn zum stringenten Schlagzeug-Beat gesellt sich eine exzellente Gitarrenarbeit, und eine mit reichlich Hall belegte Grabesstimme intoniert fast schon hypnotisierend „Ich bin dead“. Das folgende „Obscure“ schlägt musikalisch in dieselbe düstere Kerbe, lässt hier aber mehr Raum für den Bass. „Private hell“ dagegen agiert etwas elektronischer, hier macht sich mit verstärkter New-Wave-Atmosphäre der Einfluss der Zusammenarbeit mit Ash Code bemerkbar. Noch mehr Elektronik bietet „Darkroom“, das mich vom Rhythmus her an den Electro-Smasher „Bye bye“ von Cobalt 60 erinnert, wobei der Song an sich wegen der Gesangsspur ähnliche Vibes wie „Alice“ von The Sisters Of Mercy verbreitet. Auch „Ghost wave“ unter Mitwirkung von Crying Vessel ist rhythmusorientiert und weckt bei mir Erinnerungen an Duran Duran, aber natürlich wirkt der eher raue Gesang von Varudo allzu poppigen Einflüssen entgegen. Der wohl elektronischste Song ist „Extreme“, wobei der hier sehr düstere Gothic-Gesang dem Electro-Gefrickel entgegensteht und so für Spannung sorgt.
Bei „25 whores“ denke ich automatisch „in a room next door“ und damit an den Titel „Vision thing“ von The Sisters Of Mercy. Es heißt dann allerdings „25 whores knocking at your door“, es ist also ein eigener Song, der aber zugegebenermaßen wie ein ziemlich geiler Sisters-Remix auf mich wirkt. Nun wird mir auch schlagartig wieder klar, dass der Gesang stets latent nach Andrew Eldritch klingt, jedoch ohne zu einer Kopie zu verkommen. Abgerundet wird das Ganze zwischendurch mit einer feinen Post-Punk-Melodie auf der Gitarre. „Abuse“ hingegen ist sehr smooth und laid-back. Zusammen mit dem Sprechgesang wirkt das auf mich wie ein Punk-Klassiker in Slow-Motion. Im Anschluss bietet das Gothic-Rock-orientierte „Visions“ wieder mehr Tanzflächentempo. Die elektronischen Spielereien dürfen hier aber natürlich nicht fehlen. „The weeping“ beinhaltet eine Zusammenarbeit mit Bestial Mouths, und so kommt eine klagende weibliche Stimme mit ins Spiel. Der monotone Rhythmus sorgt dabei schon beinahe für mystisches Trance-Feeling. „You are already dead“ heißt es im Text, und so bildet das letzte Lied „Disposable“ quasi das Gegenstück zur Eröffnung „Ich bin dead“. Umgesetzt wird das Ganze schön tanzbar und mit klirrenden Gitarren.

Fazit: She Pleasures Herself bleiben sich auf ihrem zweiten Album XXX grundsätzlich thematisch und musikalisch treu und verbinden wieder gekonnt Gothic-Elemente mit tanzbaren Rhythmen, mit denen sowohl Düster-Discos als auch Fetish-Partys musikalisch unterlegt werden können. Immer wieder fühlt man sich an die Achtziger erinnert (New Order etwa), und dennoch schmieden She Pleasures Herself ihren ureigenen modernen und etwas verruchten Sound daraus. Schade, dass ich sie auf dem diesjährigen WGT wegen zeitlicher Überschneidungen nicht sehen konnte. Im Vergleich zum Debütalbum Fetish empfinde ich XXX insgesamt als etwas weniger düster und daher offener vom Sound her und damit etwas leichter zugänglich für neue Hörer. Also, traut euch!

Anspieltipps: Ich bin dead, Darkroom, 25 whores

:mosch: :mosch: :mosch: :mosch: :mosch2:

She Pleasures Herself – XXX
Manic Depression Records, Vö. 09.06.2019
CD 13,00 €, MP3 Download 9,00 € erhältlich über Bandcamp
Homepage: https://www.facebook.com/shepleasuresherself
https://shepleasuresherself.bandcamp.com
http://manicdepressionrecords.com

Tracklist:
01 Ich bin dead
02 Obscure
03 Private hell (feat. Ash Code)
04 Darkroom
05 Ghost wave (feat. Crying Vessel)
06 Extreme
07 25 whores
08 Abuse
09 Visions
10 The weeping (feat. Bestial Mouths)
11 Disposable

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